Michael „Rocky Horror“ White inszenierte – URGH! A Music War“


"URGH! A Music War" unterscheidet sich von anderen Rock-Filmen nicht nur dadurch, daß er relativ schnell einen deutschen Verleih und damit auch den Weg in die hiesigen Kinos fand. Das Schlag-auf-Schlag-Angebot unterschiedlichster Bands der Post-New Wave-Ära ist weitaus unterhaltsamer ab einfach nur abgefilmte Konzerte, die zumeist auch noch durch langweilige Backstage-Szenerie verlängert werden.

„URGH. 1 A Music War“ unterscheidet sich von anderen Rock-Filmen nicht nur dadurch, daß er relativ schnei! einen deutschen Verleih und damit auch den Weg in die hiesigen Kinos fand. Das Schlag-auf-Schlag-Angebot unterschiedlichster Bands der Post-New Wave-Ära ist weitaus unterhaltsamer ab einfach nur abgefilmte Konzerte, die zumeist auch noch durch langweilige Backstage-Szenerie verlängert werden. Filme über oder mit Rockmusik sind hierzulande immer so eine Sache. Rockmusik lebt am intensivsten in der Zeit, in der sie geboren wird. Und da es bis aul wenige Ausnahmen meistens viel zu lange dauert, bis so ein Streuen mal in unsere Kinos kommt (z.B. „Rüde Boy“ mit den Clash), verlieren sie natürlich ihre Brisanz. Ganz zu schweigen von dem „Woodstock“-Epos, welches unlängst nicht nur wieder vom deutschen Fernsehen ausgegraben wurde, sondern immer noch als schier unerschöpflicher Quell für tausenderlei rückblickende Dokumentationen herhalten muß. Relativ schnell reagierte zum Glück jetzt der Tübinger Arsenal Filmverleih mit „URGH! A MUSIC WAR“. Wenn dieser jetzt bundesweit gestartet wird, handelt es sich bei diesem Programm zum Glück noch nicht um den Schnee von gestern. Von Police bis zu den Cramps spult hier ein Programm ab, dessen Bandbreite von kommerziell bis hin zum Obskuren ziemlich viel aus der Post PunkÄra zeigt. URGH! kommt hier in einer gekürzten Fassung (106 Minuten) heraus; einen Vorgeschmack lieferte schon das von der CBS veröffentlichte Doppelalbum mit dem URGH-Soundtrack. Produzent Michael White orientierte sich an der Schnellebigkeit der musikalischen Szene in den vergangenen Jahren. Bis auf Police, die jeweils einen Titel am Anfang und am Ende spielen, gibt’s pro Band / Interpret nur einen Song. Erspart bleiben uns die sonst so beliebten und bis zum Erbrechen abgefilmten Backstage-Szenen oder nichtssagende Interviews, ebenso pubertare Selbstdarstellungen aus den Reihen der Zuschauer. White wollte keinen Film für die Ewigkeit und kalkulierte Eintagsfliegen bewußt mit ein. Zur Erinnerung: Michael White ist der Mann, der in London die „Rocky Horror Picture Show“ auf die Bühne brachte und als Filmproduzent u.a. für „Monty Python und die Ritter der Kokosnuß“, die „R. H. Picture Show“ plus Nachfolger „Shock Treatment“ und „Rüde Boy“ verantwortlich war. Und Regisseur Derek Burbridge war es, der in England das erste kommerzielle Rock (naja!)-Video auf dem Markt brachte, nämlich die Aufzeichnung einer Show von Gary Numan. Im übrigen ist es nicht zu übersehen, daß es sich bei diesem Film um eine konzertierte Aktion der Copeland Brothers handelt. Miles Copeland (Inhaber des IRS-Labels) tritt neben Ian Copeland als sogenannter creative consultant auf. Daß diese kreative Beratertätigkeit (mit anderen Worten: die Auswahl der Bands) seinen eigenen Interpretenstall nicht gerade zu kurz kommen laßt, ist infolgedessen klar. Und Bruder Ian, talent booker, der als Präsident der Frontier Booking International vorsteht, ebnete die Bühnen in England, Kalifornien und in Frankreich, wo die Bands oft ganz kurzfristig zusammengetrommelt wurden. Und BruderStewart Copeland ist in der Rolle des Police-Drummers beteiligt. Na also! Der Titel des Filmes mag eine Anbiederung an vergangene Trends darstellen, dokumentiert nicht zuletzt aber auch den spontanen – Schnitt auf Schnitt – Schlagabtausch, wie er sich hier durch das kompromißlose Aneinanderreihen unterschiedlichster Spielarten ergibt. Ausfälle wie die degenerierten Surf Punks vor gebräunten California Kids oder die englischen Splodgeness Abounds mit ihrer gröhlenden Kneipen-Mentalität müssen sehen, wie sie gegen die Konkurrenz des britischen Poeten John Cooper Clarke oder die der Au Pairs bestehen, in die sie sich freiwillig wohl nie begeben hätten. Keine Chance auch gegen den plausiblen Anarchismus der Dead Kennedys oder die Rockabilly-Provokationen der Cramps mit einer genial dämlich-entrückten Poison Ivy und einem völlig entgleisten Lux Inferior. Enttäuschend leider, daß Klaus Nomi bei seinem ad-hoc-Engagement für Frgus keine Zeit geblieben war, Band und Bühne auf sein streng konstruktivistisches Styling abzustimmen. (Vergl. Klaus-Nomi-Story) Und die Fleshtones aus New York geben hier mit „Shadow Line“ nur einen Bruchteil dessen wieder, was ihr phänomenales Album ROMAN GODS (vergl. LP-Reviews) an Atmosphäre ausstrahlt. Zu den bekannteren Mitstreitern zählen noch Devo, Toyah, Orchestral Manceuvres, Echo & The Bunnymen, XTC, Steel Pulse, Joan Jett, Magazine, Pere Ubu, 999, Gang Of Four und ÜB 40. Für den absoluten Lacherfolg sorgt nebenbei Gary Numan, der in futuristischer Imperator-Manier durch ein monströses, nebelumwabertes Tor in einem gebieterischen schwarzen Fahrzeug auf die Bühne gleitet. Es gibt eben Auftritte und Auftritte (wie dieser Film beweist), das macht diese Dokumatation unterhaltsam und informativ. Natürlich beinhaltet dieses „Für-jeden-etwas“-Samplerprinzip diverse Enttäuschungen für den persönlichen Musikgeschmack, aber ich glaube, die kann man im Rahmen des Angebots verkraften. Weniger zu verkraften wäre dagegen, wenn die Besitzer von Kinos mit leistungsfähiger Dolby-Anlage diesen Film wieder nicht in ihre gute Stube lassen, weil sie Angst um die Teppiche haben. So wird der Sound in vielen Städten wohl wieder asthmatisch aus völlig überforderten Boxen herauskrächzen. Urqh!