Childish Gambino
„Awaken, My Love!“
Das lang ersehnte Frank-Ocean-Meisterwerk ist da! Und es kommt von Donald Glover, der Funk und Soul für sich entdeckt hat.
Wie gut muss ein Album sein, damit Questlove nachts um vier bei D’Angelo anruft, um ihm zu erzählen, dass gerade die Musikgeschichte neu geschrieben werden muss? Die Antwort lautet: So gut wie dieses glänzende Funk-Monstrum, dass Donald Glover alias Childish Gambino uns am Freitag vorgelegt hat. Die elf Songs von “AWAKEN, MY LOVE!”, die bisweilen an D’Angelos eigenes Comeback-Album BLACK MESSIAH erinnern, sind bis ins letzte Detail perfekt instrumentiert und ausgearbeitet. Das zärtliche Glockenspiel im Intro von „Me And Your Mama“ wird von sägenden Gitarren und schallendem Gelächter durchbrochen, Basslines, scheppernde Drums und allerhand Geklimper fallen übereinander her, und im Zentrum steht eine Dreiviertelstunde der Zeremonienmeister Glover.
Dass diese Neuinterpretation von 70s-Funk à la Sly Stone und Funkadelic so frisch klingt, liegt nicht zuletzt an seiner vielseitigen Stimme, die vom hemmungslosen Gekreische bis zum effekt-beladenen „Boogieman“ stets souverän bleibt. In die zweite Albumhälfte haben sich mit „California“ und „Baby Boy“ zwar etwas uninspirierte Stücke eingeschlichen. Trotzdem: Für Glover, der eigentlich eher Schauspieler als Musiker ist und bislang nur zwei stümperhaften HipHop-Alben sein Eigen nennen konnte, ist das sowohl qualitativ als auch genre-technisch ein Sprung in eine völlig andere Welt. Angesichts dieser Leistung ist es fast schon schade, dass Glover demnächst im neuen „Star Wars“-Film Lando Calrissian spielen wird. Viel Zeit für den Funk wird er fürs Erste also nicht mehr haben.