Seit der Gründung des Philadelphia-Labels vor zwei Jahren gibt es in Amerika drei Hochburgen schwarzer Soul-Musik: Detroit mit dem legendären Tamla-Motown-Label, Memphis Tennessee mit dem Stax-Label und Philadelphia mit dem von Beginn an recht erfolgreichen Philadelphia International Label. Unter dem Motto The Philadelphia Sound‘ tourten kürzlich drei Soul-Acts des letztgenannten Labels erstmals durch Europa: Billy Paul, die O’Jays und die Intruders. Da durfte der MUSIK EXPRESS nicht fehlen:
KEIN ZUCKERLECKEN
Ein bisschen Pionier-Atmosphäre herrschte in den Garderoben der Hamburger Musikhalle, während die Philly-Musiker auf ihren Auftritt warteten. Billy Paul: „Dies ist unsere erste Tour, die uns so weit von zuhause weggeführt hat. Ich bin schon gespannt darauf, wie man uns, unsere Songs und unsere Auftritte finden wird. Eine Debut-Tour durch Europa ist kein Zuckerlecken Wenn auch nicht alle Hallen, in denen wir hier auftreten, ausverkauft sind, so sage ich mir doch, dass sich die Strapazen dieser Tournee gelohnt haben, wenn ich auf der Bühne feststellen kann, dass man mich mag in Hamburg, in Frankfurt, in London oder in Amsterdam.“
ME AND MRS. JONES
Nun, Billy Paul weiss wovon er spricht, schliesslich kann er die Jahre, die er schon auf der Bühne steht, schon lange nicht mehr an seinen zwölf Fingern abzählen, selbst wenn er vier Hände hätte. Billy gelang der internationale Durchbruch mit seiner 2 Millionen Single ‚Me And Mrs. Jones‘. Dieser Song stammt übrigens von seiner bislang erfolgreichsten LP ‚360 Degrees Of Billy Paul‘. Es ist kein Zufall, dass Philly-Billy auf dem Philadelphia-Label landete, schliesslich wurde er in Philadelphia geboren und last but not least ist er natürlich ein idealer Vertreter des sanften Soul-Sounds, den man auch bei den Intruders. einer hierzulande noch reichlich unbekannten Soul-Gruppe, und bei den O’Jays wiederfindet. Billy hat zusätzlich noch einen gesunden Schuss Jazz in seiner Stimme. Das wiederum lässt auch ‚progressive‘ Ohren aufhorchen, denen ein Soul-Act im Las Vegas-Stil, wie ihn die Intruders bieten, ein wenig zu schlaff erscheinen könnte.
O‘ JAYS: MIT GOSPELSONGS BEGONNEN
Die O’Jays hatten ihre ganz grossen Erfolge mit Hits wie Back Stabbers‘ und Love Train‘. Gerade ist ihre neue Single auch bei uns erschienen (Titel: Put Your Hands Together), und es sieht so aus, als wenn sie den Erfolg der beiden anderen Hits damit noch übertreffen. Begonnen haben die O’Jays schon vor über einemJahrzehnt mit Gospel-Songs. Als sie diese schliesshch mit Rock-Elementen mischten, weckten sie auch das Interesse eines grösseren weissen Publikums in Amerika und auf vielen anderen Kontinenten. Walter Williams, einer der drei O’Jays, die sich übrigens bei Auftritten und im Studio von einer Backing-Group begleiten lassen: „Es gibt viele Soul-Bands in den Staaten, die nie über ein schwarzes Publikum hinauskommen. Nur wenn es ihnen gelingt, verschiedene musikalische Einflüsse zu verarbeiten, kann es eine dieser Gruppen schaffen, ein breites Millionen-Publikum zu erreichen.“
BILLY PAUL: ALL YOU NEED IS LOVE
Obwohl die O’Jays auf dieser ersten Philadelphia-Sound-Europa-Tournee als Top of the Bill‘ plaziert waren, gelang es Billy Paul zumindest in Hamburg am leichtesten, das Publikum mitzureissen. Billy ist zwar nicht mehr gerade der Jüngste, dass er aber trotzdem mit seinen Songs in die Popmusik-Hitparaden einbrechen konnte, zeigt, wie dynamisch und jung er innerlich geblieben ist. Billy: „Was soll’s. Früher war ich ein ausgesprochener Jazz-Sänger. Da ich aber möglichst vielen Menschen zeigen möchte, welches Feeling in Billy Paul steckt, habe ich mich zum Beispiel auch von den Beatles beeinflussen lassen. All you need is love, you know … Billy Paul ist nämlich kein gewöhnlicher Mensch. Er hat ’ne Menge über sich selbst zu erzählen und er möchte, dass viele ihn hören.“ Right on, Billy, und toi! toi! toi! mit deinem neuen Album ‚War Of Gods‘ und deiner noch neueren Single ‚The Whole Town’s Talking‘.
