Amon Düül über die 1.LP von Super Sister „Present From Nancy“


Diesen Monat hat uns die Zusammenstellung recht viel Kopfzerbrechen bereitet.

Schliesslich sollte Musik kontrastreich sein, um kritische Gesichtspunkte aufzudecken. „SUPER SISTER“ ist den wenigsten in Deutschland bekannt. Das ist kein Fehler. Die Düüls hatten auch noch nie von dieser Gruppe gehört. Als sich nachher herausstellte, dass es sich um eine holländische Formation handelte, war die Ueberraschung sehr gross. Doch lest selbst, was bei dieser musikalischen Konfrontation herausgekommen ist. Hier nun der Kommentar von den Düüls über: „PRESENT FROM NANCY“.

Hervorstechend sind die ungerade gespielten Rhythmen, die einen nahezu hypnotischen Effekt erzielen. Der Schlagzeuger von Super Sister hat eine mehr maschinelle Funktion. Er verleiht den Titeln durch Ueberbetonung unwichtiger Taktteile einen „Magical“-Charakter. Diese Ueberbetonung muss gekonnt sein, denn sonst verliert die Musik ihren Swing und gerade dies ist Super Sister sehr gelungen. Hierzu kann man den Dave Brubeck-Titel „Take Five“ vergleichen, der auch durch ungerade gespielte Taktteile, die aber exakt vorgetragen werden, einen swingenden und manchmal sehr eindringlichen Charakter bekommt. „Soft Machine“ arbeitet mit der gleichen Schematik, jedoch kann man hier keine Parallele ziehen.

STERILE MUSIK?

Das wird zum Teil aufgehoben – lurch eine bejahende Melodie, eine Melodie die immer im Kahmen eines selbstgewählten strukturellen Rhythmuskonzeptes liegt. Dies gehört mit zu den Faktoren, die den Swing dieser Musik ausmachen. RICHTUNG?

Jazz-Pop, was aber auch nur durch einen intellektualisierten Gesang bedingt ist, der sich wie ein roter Faden über die ganze LP hinzieht. Beeinflusst wurde Super Sister von „Soft Machine“ ebenso wie von „Caravan“ oder Kevin Ayers, jedoch ohne ihre Eigenständigkeit zu verlieren. Die klassischen Einlagen auf der LP sind insofern gut, weil sie sich nicht nach altem orientieren, sondern auf die heutige Zeit bezogen sind. Man lässt kein altes Kulturgut wieder aufleben, sondern integriert diese Passagen in die Musik, weil sie unbedingt passen und heimlich schön sind. Sie werden nur als ein Zitat anerkannt. Chris, der als Geiger von Amon Düül gerade durch sein klassisches Instrument mit so etwas konfrontiert wird, kennt die Gründe, warum man solche Stellen in die Musik hineinnimmt. Solche Passagen sollten immer so bewusst gespielt werden, dass sie eben der heutigen Zeit entsprechen. Nur so haben sie Charakter. Amon Düül könnte nicht solche Musik produzieren, wie es bei Super Sister der Fall ist. Amon Düül geht in ihrer Musik nicht von irgendwelchen virtuosen Leistungen aus, was bei der vorliegenden Platte ohne Zweifel geschieht, sondern sie spielen gefühlvoller aus dem Augenblick heraus. Die Musik der Düüls ist mehr ein kommunes Anliegen. Dagegen sind die Titel von Super Sister durchkonstruiert und knallhart arrangiert. Sie verlieren dadurch an Emotion und wirken intellektuell. Dieser Faktor wird nur zum Teil durch die bejahende Form, mit der man die Stücke vorträgt, aufgehoben. Bei den Improvisationen auf der LP handelt es sich nicht um freie Erfindung, sondern auch diese laufen nach einem streng arrangierten Prinzip ab.

Chris unterscheidet zwischen einer vitaleren Life-Musik, die sich als Gruppenanliegen äussert und einer arrangierten Musik. Diese aufgezählten Fakten kann man auch zusammen verwirklichen. Bei Super Sister trifft das nicht zu. Die Musik dieser Gruppe baut eine Distance zwischen dem Zuhörer auf, die man auch durch ein Höchstmass von Einfühlungsvermögen nur schwer überbrücken kann. Das kommt durch eine Vortragsweise, die auf einer hohen Ebene liegt und Vitalität keinen Raum lässt. Gefühle werden durch reine Logik gesteuert und brechen nicht triebhaft hervor, wie dies bei den Düüls der Fall ist. Das tut der Musik jedoch keinen Abbruch, sondern es gehört zum Gesamtkonzept dieser eigenwilligen holländischen Gruppe „SUPER SISTER“.