Voodoo Jürgens

Ansa Woar

Lotterlabel/Broken Silence

Austro … nein, Pop ist das nicht auf dem Solo-Debüt des Ex-Eternias-Frontmanns, sondern pechschwarzes Wiener Liedgut.

Haben Sie noch einmal Lust auf die alte Mär von Wien und dem Tod? Von den Huren und den Strizzis? Vom Wein und vom Schnaps? Dann sind sie hier richtig. Ansa Woar („Einserware“) heißt das erste Album von Voodoo Jürgens, dem neuen Schützling von Wanda-Entdecker Stefan Redelsteiner. Auch wegen seines erfolgreichen Förderers ist man nun auf ihn aufmerksam geworden. Dabei ist der Liedermacher, der bürgerlich David Öllerer heißt, kein Newcomer: Zehn Jahre lang sang er schon bei der Indieband Die Eternias, und zwar in englischer Sprache. Um authentisch im Dialekt zu texten, hatte er zu wenig Lebenserfahrung, fand er seinerzeit. Mittlerweile ist er über 30 und traut sich das zu.

Seine Jugend im niederösterreichischen Ort Tulln hätte er natürlich auch schon sehr viel früher verarbeiten können, aber wer weiß, ob er sie damals schon so bildgewaltig austarieren hätte können, diese Zeit „zwischen Zuckerbude und Kadaverfabrik“. Als er im Kindergarten verprügelt und in der Schule ausgelacht wurde, weil sein Vater ins Gefängnis musste. Als der Stadtpark-Fredl den Kindern 500 Schilling gab, damit sie ihm beim Wichsen zuschauten. „Tulln“ ist eine autobiografische Geschichte unter vielen gut erfundenen. David Öllerer hat, das merkt man deutlich, wenn man Ansa Woar hört, endlich seine Sprache gefunden, und nun kann er gar nicht genug Worte in seinen Liedern unterbringen. Die Melodien sind dafür sparsam, mit Wandergitarre oder Geisterbahnorgel dargeboten, begleitet von Gästen wie Andreas Spechtl und Sebastian Janata (Ja, Panik), dem Nino aus Wien und Schauspielerin Eva Billisich (bekannt aus der österreichischen Anarcho-Komödie „Muttertag“).

In den Texten geht es schwarzhumorig bis makaber zu, so wie einst beim gewaltigen Helmut Qualtinger, und vor allem sehr, sehr Wienerisch: Allerorten regnet es „Watschn“, einer will dem anderen das „Gnack“ brechen oder ihn „hamdrahen“ (umbringen). Auch eine Nähe zu Tom Waits spürt man, wenn sich in der scheinbar weitgehend von Säufern und Verlierern bevölkerten Welt zuweilen eine bärbeißige Romantik offenbart. Im Liebeslied „In deiner Nähe“ heißt es trocken: „Es klangat a pochn“ – also: lächerlich – „wenn i’s auf Englisch singan tat oder auf Italienisch mit ‚Amore‘ einedrah.“ Amore, das ist ein gutes Stichwort: Denn so wahnsinnig erfolgreich wie die Kollegen von Wanda wird Voodoo Jürgens wohl nicht werden. Dafür ist sein atonaler Singsang ein bisschen zu anstrengend, seine Sprache zu speziell. Aber die alte Mär von Wien, Wein, Weib und Tod, die erzählt er besser als alle seine Zeitgenossen.

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