Joint Meeting


Das vom Veranstalter Sigi Lang angekündigte „grösste Festival auf dem europäischen Kontinent“ sprich kurz: „Joint Meeting“ In Düsseldorf war musikalisch eine Farce. Es nützt zwar dem Veranstalter (Einnahmen schätzungsweise DM 150.000 bei 26.000 zahlenden Gästen) mit grossen Namen aufzuwarten und damit den Kartenvorverkauf anzukurbeln, aber nicht dem Publikum, das eben wegen diesen Namen DM 38 für 3 Tage in die Kasse des Veranstalters zahlte. Was geboten wurde war kein Festival der Superlative, wohl was die Organisation anbelangte. Denn wo hatten schon die einzelnen Pressevertreter ihre eigenen Schreibmaschinen plus Telefon, wo standen schon hinter der Bühne Wohnwagen für Interviews bereit? Aber wie gesagt, das alles nützt dem Veranstalter und seinem Image und nicht dem Publikum, dem man Superlative ankündigte und dafür musikalischen Eintopf servierte, der manchmal überkochte, wenn z.B. die Gruppen: LOVE AFFAIR, MARMALADE, von denen übrigens der Hit „Reflections of my life“ stammt, WILD ANGELS, ARTHUR BROWN und andere ausgepfiffen und ausgebuht wurden. Ich fand zu Recht, denn wo so gute Gruppen auftreten wie COLOSSEUM, RARE BIRD, FAMILY, STEAMHAMMER, OC-TOPUS, EKSEPTION, KEEF HARTLEY, EDGAR 8ROUGHTON BAND, TASTE, FREE, HUMBLE P1E, BRAINBOX fallen die oben genannten völlig aus der Reihe. Doch das alles lässt trotzdem noch die Frage an den Veranstalter offen, wo blieben zum Beispiel: FLEET-WOOD MAC, SPOOKY TOOTH, JUICY LUCY, KING CRIMSON, VANILLA FUDGE, YES, BLODWYN PIG, VAN DER GRAAF GENERATOR und andere; angeblich alle vertraglich für das Festival verpflichtet. Wie auch BRIAN AUGER, der nach Angabe des Veranstalters mit einem gerichtlichen Nachspiel zu rechnen hat. Das Publikum in Düsseldorf liess sich nicht alles gefallen, sondern reagierte in manchen Fällen sehr kritisch. Doch bei den FAMILY zeigte man nur schwachen Protest, als diese am Pfingstmontag um 21.20 Uhr durch Zeitdruck gehandikappt ihr Programm abfahren mussten. Da das Festival jeden Abend um 21.30 Uhr abgeschlossen wurde, mussten sich auch Family danach richten. Nicht nur durch diesen Zeitdruck, obwohl von der Düsseldorfer Stadtverwaltung angeblich eine Verlängerung um eine halbe Stunde zugesagt worden war, sondern auch noch durch einen ausgefallenen Gesangsverstärker aus der Fassung gebracht, versuchten sie trotzafledem noch in den wenigen Minuten, die ihnen zur Verfügung standen, ihr bestes zu geben. Die musikalische Intensität des Leadsängers Roger Chapman kam trotz dieser kurzen Zeit noch voll zum Ausdruck. Was FAMILY in knapp 15 Minuten zeigte, liess nur erahnen welches musikalische Potential in dieser Gruppe steckt.

Ahnlich erging es das Jon Hiseman’s COLOSSEUM. COLOSSEUM so meine ich, hat sich in Deutschland schon einen guten Namen gemacht und es gehört schon fast zu einem guten Festivalprogramm diese Band zu verpflichten. Obwohl sie mindestens 1 Stunde brauchen, um ihre Improvisationsgabe aufzuzeichnen, spielten sie in Düsseldorf nur knappe 25 Minuten. Warum, frage ich mich. Ginger Baker’s AIRFORCE waren sich im Eisstadion an der Brehmstrasse ihrer Popularität etwas zu sehr bewusst. Für mich zeugte es von Intoleranz, als sie einfach in den Schlusspart von „Humble Pie“ hineinplatzten und so dieser guten Gruppe einen positiven Ausklang ihrer Darbietung verbauten. Es war nicht gerechtfertigt auf diese Art und Weise die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu lenken. Denn ihr stereotyper Bigband-sound mit gemischten Singstimmen unterlegt verpuffte in der Halle und blieb wirkungslos. Daran konnte auch Steve Winwood nichts ändern, der einmal von Melody Maker als Wunderkind der Popmusik gerühmt wurde. Ginger Baker spielte zwar sein Schlagzeug mit Zigarette im Mundwinkel „Creamlike“, doch etwas zugefällig und relaxed. AMON DÜÜL II, einzige deutsche Gruppe beim Joint Meeting, produzierte sich als Knüller von geringem Gagenwert. In Deutschland durch ihre LP’s „Collapsing“ und „Das Märchen vom Garten Sandosa“ bekannt, konnten sie in Düsseldorf die Zuhörer durch ihr kollektives und harmonisches Zusammenspiel begeistern. Die Münchner Musikkommune ist ein gutes Beispiel dafür, dass deutsche Gruppen besser sein können als ihr Ruf. „Es war mein schönstes Festival in Deutschland“, mit diesen Worten bedankte sich EDGAR BROUGHTON beim Publikum. Seine Band engagierte sich in Düsseldorf wie nie zuvor in Deutschland. Auch fand er mit seinem Protest gegen die Politik in Kambodscha und Vietnam bei seinen jugendlichen Zuhörern grossen Anklang. Jedoch erinnern mich solche geschlossenen „Out-demons-out-Ausrufe“ an eine Manipulation, die in Deutschland erst 25 Jahre zurückliegt. Mittlerweile hat sich auch in Germany herumgesprochen, dass es in Holland nicht nur Tulpen und Käse gibt, sondern auch Gruppen mit internationalen Niveau. EKSEPTION zählen ebenso dazu wie BRAINBOX, SHOCKING BLUE, BOBBEYS CHIL-DREN, CUBY and the BLIZZARDS und andere. Seit 1968 bestehen die EKSEP-TION. Ihre Vorgeschichte reicht allerdings schon in das Jahr 1958 zurück. Diese Jahreszahl war die Gründung der „Jokers“, der Band die sich vor 2 Jahren auflöste und aus denen dann EKSEPTION gleich einem Phönix aus der Asche hervorstieg. In Düsseldorf präsentierten diese sechs Mann wieder einmal eine tiefschürfende, musikalische Skala. Rick van der Linden kann seine klassische Konservatoriumsausbildung nicht verbergen, wenn er die 5. von

Beethoven auf der Hammondorgel interpretiert und für alle anderen Mitglieder scheint dieser vibrierende Sound ein „Credo“ zu sein, der auch ihnen das letzte abverlangt. Aus diesem Grunde ist es schon sehr verständlich, dass KEEF HARTLEY, Bluesexperte aus London, Bigbandreformer und ehemaliges Bandmitglied von John Mayall, mit seiner ähnlichen Besetzung einen schweren Stand hatte. Ich für meinen Teil hoffe, die EKSEP-TION noch öfters auf grossen Festivals zu sehen und zu bewundern. Zum ersten Mal in Deutschland und eine echte Sensation beim Joint Meeting waren THE TASTE, die 1968 von dem Gitarristen Rory Gallagher gegründet wurden, der auch Leadsänger und Komponist fast aller Songs ist. Ihre Musik ist durchschlagend, ihre Bühnenshow umwerfend und so ist es nicht verwunderlich, dass diese Gruppe durch wirkliche Begabung und Musikalität aus dem heutigen Bluestrend herausragt. In Düsseldorf mit ihrem Titel „Eat my words“ und anderen vertreten, erntteten sie grossen Beifall, der nur durch ein Missverständnis nicht mit einer Zugabe belohnt wurde. Zum Schluss blieb nur noch zu sagen, dass in Aachen demnächst, d.h. Mitte Juni ein“.Open-Air-Concert“ stattfindet, sprich: EURO-POP. Hier wird auf ähnliche Weise der Kartenvorverkauf mit grossen Namen angekurbelt, zum Beispiel: The Rolling Stones verhandeln mit uns, John und Yoko life peace in Aachen, Pink Floyd. Deep Purple. Black Sabbath und andere, so dem Handzettel des Aachener Veranstalters entnommen. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Ankündigungen auch realisieren. Wenn nicht, so sollten sich die Verantwortlichen demnächst eine neue Masche einfallen lassen, um zu ihren vollen Kassen zu kommen.