Virginia

Fierce For The Night

Ostgut Ton/Kompakt

Das beste Album im Koordinaten­system Funk-Soul-Disco-House seit dem Debütalbum von Hercules And Love Affair von 2008.

Mal eben die Geschichte der Clubmusik in unter einer Stunde aufdröseln: Genau das macht Virginia auf ihrem Debütalbum, FIERCE FOR THE NIGHT. Nach einer bewegten musikalischen Karriere in der zweiten Reihe zog die DJane, Sängerin, Songwriterin und Produzentin vor Jahren von München nach Berlin, traf dort die Berghain-Resident-DJane Steffi (Doms) und war als Gastsängerin nicht ganz unschuldig daran, dass deren Track „Yours“ 2011 zu einem Mega-Clubhit wurde.

Nach zwei eigenen EPs kommt jetzt das Debütalbum, das, stark vereinfacht, in dem Moment ansetzt, als Disco zu Hi-NRG wurde, bevor das wiederum zu House wurde, wie wir ihn kennen. Das klingt nach hohem musiktheoretischen und didaktischen Wert, ist in der Praxis aber ein Prachtexem­plar von einem schillernden und schimmernden Dancepop-Album: upfront, hochenergetisch, körperlich und bis ins kleinste Sounddetail hinein ausgetüftelt. Oder so: das beste im Koordinaten­system Funk-Soul-Disco-House seit dem Debütalbum von Hercules And Love Affair.

Dabei steckt Virginia mit ihren musikalischen Partnern Steffi, Dexter und Martyn nicht in der Retrofalle fest, setzt immer wieder Bezüge zur Tages­aktualität, auch ihrer eigenen als Resident DJane in der Berliner Panorama Bar. Die vordergründige Poppigkeit wird mit allerlei zeitgenössischen Sound­ideen gebrochen. „Subdued Colors“ etwa ist nur ein Beispiel für einen Song, der mit einem relativ abstrakten, hier von gebrochenen Beats dominierten Backing unterlegt ist.

Mit anderen Worten, diese Musik wäre so im Jahr „1977“ (Songtitel) nicht möglich gewesen, aber sie erinnert in angenehmer Weise an die Zeit, als die Tanzmusik elektronisch wurde, an große Sängerinnen der Ära wie Loleatta Holloway. Haben wir bereits das großartige Songwriting erwähnt und dass Virgina eine verdammt gute Sängerin ist?