M83

Junk

Naïve/Indigo

Future Space Pop von vorgestern – in den man aber auch morgen noch kraftvoll reinbeißen möchte.

Schlimm geht’s los. Mit einem offenbar von Gilbert O’Sullivan gespielten Ich-probier’s-jetzt-auch-mal-mit-House-Piano, zu dem einem was vorgesäuselt wird von einem „sound“ eines „new tomorrow“, dem man „listen“ möge. Zum Refrain von „Do It, Try It“ bratzt dann so ein multigefilterter EDM-Synthesizer herein, der nichts anderes duldet als alle Hände in der Luft. Der Fall scheint klar: Nachdem Anthony Gonzalez alias M83 sich 2011 mit dem Vorgänger-Doppelwhopper HURRY UP, WE’RE DREAMING zwar etwas verhoben, aber trotzdem die Top 20 der US-Charts erobert hatte, will er nun ganz nach oben. In den Hitlisten und in der größten Schrift auf die Plakate der unter jettenden Twens beliebtesten Festival-Hotspots.

Wobei einen dieser seltsame Slap-Bass schon ein wenig stutzig macht. Und das Saxofon, das sich im folgenden „Go!“ gleich zu Beginn in den Kulissen dieses Ewigkeits-Chors (siehe/höre „I’m Not In Love“ von 10cc) eins trötet wie einst beim schnöden Spandau Ballet. Plastikbläser obendrauf im Refrain, feuchtfunky Licks, und in der Bridge wichst als groteske Hyperklimax eine offensichtlich mit Massageöl eingeschmierte Stromgitarre drauflos, als hätte es Grunge nie gegeben. An den Flitzefingern hinten dran hängt: der komplette Rest von Steve Vai! Schockschwerenot.

Die Wahrheit über JUNK lautet: Herr Gonzalez verhebt sich auf seinem siebten Album erst so richtig. Und das macht großen Spaß. JUNK unterhält als Meta-Pop-Produkt, das den Spacepop, Softrock und Blue-Eyed-Soul ab Mitte der 70er bis etwa kurz vor der breiten Einführung der Sampletechnik formvollendet und soundtechnisch eindrucksvoll aufarbeitet. Auf French-Talk-Disco-Erotica („Bibi The Dog“) folgt Phillysound-Intermezzo („Moon Crystal“) folgt ein Stevie-Wonder-Mundharmonika-Solo, für das Stevie Wonder allerdings keine Zeit hatte („Sunday Night 1987“), folgt Beck Hansen als melancholischer New-Wave-Popper („Time Wind“), folgt die rund drei Jahrzehnte zu späte Empfehlung von Susanne Sundfør als Duettpartnerin für Barry Gibb oder Kenny Rogers („For The Kids“). Das ist manchmal kitschig und käsig, tappt aber eben auch mit überzeugender rotwangiger Aufgeregtheit, die den Romantiker Gonzalez bei aller Cleverness auszeichnet, in all die entsprechenden Fallen – anders als zum Beispiel die zwei stahlharten Profis von Daft Punk.