Fatima Al Qadiri
Brute
Hyperdub/Cargo
Electronica: das zweite (Konzept-)Album der senegalesischen Künstlerin.
Fatima Al Qadiri ist eine bildende Künstlerin, die auch Musik macht – eine Definition, die im Zweifelsfall immer der des Musikers, der auch mal irgendwas mit Kunst machen möchte, vorzuziehen ist. Die Ergebnisse sind einfach besser, wie die Künstlerin mit senegalesischen und kuwaitischen Wurzeln auf ihrem ersten Album ASIATISCH gezeigt hat, wo sich musikalische Klischees aus dem Osten (die Songstrukturen) und dem Westen (die postmodernistischen Bassmusikeinflüsse) wechselseitig nivellierten.
Al Qadiris zweites Album BRUTE hat ein übergeordnetes Thema: militarisierte Polizeibrutalität versus Bürgerproteste. Dieses Thema vermittelt sie nonverbal – was ungleich schwieriger ist, als durch Reime in einem Protestsong. Die von ihrem ersten Album bekannten choralartigen elektronischen Soundflächen bestimmen hier die Musik. Durch die Tonalität erzeugen diese per se eine unangenehme Atmosphäre, die durch die Bass- und Grime-Beigaben verstärkt wird.
Samples von Protestveranstaltungen und Polizeisirenen werden in den Sound eingewoben, ohne dass sie effekthascherisch sagen: „Hört mich, ich bin eine Polizeisirene, ich klage an.“ Als konzeptuelles Gesamtkunstwerk geht BRUTE in Ordnung, die Aufregung, die sie mit ASIATISCH erzeugt hat, wird Fatima Al Qadiri damit aber nicht erreichen. Irgendwie beruhigend, dass auch diese Künstlerin kein Garant ist für die dauerhafte Produktion von Meisterwerken, wie auch ihre Beteiligung am Projekt Future Brown im vorigen Jahr gezeigt hat.