Thees Uhlmann
Sophia, der Tod und ich (Roman)
Kiepenheuer & Witsch Verlag VÖ: 9. Oktober 2015
Wenig verblüffend: Thees Uhlmann kann auch Langstrecke.
Haben Sie Thees Uhlmann schon einmal getroffen, vielleicht abends? Die Chance, dass er ihnen eine Geschichte erzählt hat, ist nicht so klein. Dem Autor dieser Zeilen etwa schwärmte er einmal auf einem Konzert von Paul Weller davon vor, dass „Stairway To Heaven“ der beste Song aller Zeiten sei, echt wahr. Wenn Sie Thees Uhlmann noch nie getroffen haben, haben Sie vielleicht einen seiner Songs gehört, womöglich einen seiner früheren Band Tomte. Dann hat er Ihnen auch eine Geschichte erzählt. Das kann er also, und so ist es fast verwunderlich, dass eine so lange Zeit bis zu Uhlmanns erstem Roman ins Land ging.
Der nimmt schon anfangs eine der Kerneigenschaften des Popsongs auf, nämlich die Kürze: Drei Minuten gibt der Tod dem Protagonisten – der ist ein Typ „wie eine Mischung aus Hund und Kind“, sagt die Ex-Freundin einmal, bevor er ihn holt. Beziehungsweise: ihn holen möchte, denn es klingelt an der Tür, jene Ex-Freundin Sophia steht davor. Der Tod wird also unterbrochen, was gegen jedes Protokoll zu sein scheint und alle Beteiligten entsprechend verwundert. Vor allem den Tod, der sah sich solchen Kränkungen noch nie ausgesetzt und gerät so empfindlich aus dem Takt.
Ausgehend von dieser Prämisse entwickelt Uhlmann einen natürlich etwas versponnenen, aber spaßigen Plot: Der Protagonist geht quasi mit Tod und Ex-Freundin aus dem Haus und mittenrein in sein Leben. Erste Station: die Kneipe. Zweite Station: die Heimat der Mutter. Am Ende geht’s noch zum Sohn, mit dem der Protagonist nur mit Postkarten kommuniziert. Natürlich benutzt Uhlmann die Situation für ausführliche Rückblenden, berichtet von der Liebe („Sophia nahm mich auf wie ein schlecht gelaunter Fußballer in seiner letzten Saison einen Ball Volley nimmt, obwohl sein Team in der 87. Minute 1:4 zurückliegt“), von Tante Gunhild und ihre Zuneigung zum Granulatkaffee und davon, wie er als Heranwachsender die Altpapierpacken seines Heimatortes nach Schundblättchen durchsuchte. Vor allem aber geht es um die Familie. Um Mutter und Sohn und die Dinge, die er denen eigentlich noch sagen wollte. Der Tod scheint indes ganz froh, am Leben teilnehmen zu können und reißt sogar Witze, aber eigentlich ist die Situation alles andere als witzig, denn nicht nur ist klar, dass der Frieden nur ein temporärer ist: Recht unvermittelt taucht auch ein zweiter Tod auf und der versteht keinen Spaß.