SOPHIE
SOPHIE
PIAS/Transgressive/Rough Trade (VÖ: 27.9.)
Glasscherbenhafter Hyperpop als Großerlebnis: ein posthumes Meisterwerk, das ebenso Tanzmusik wie Experiment ist.
Neulich sprach ich mit meiner Tochter über SOPHIE. Sie hatte die Bedeutung, die ihr künstlerisches Werk, ihre Person und deren Umfeld für sie und ihre Freund:innen noch heute hat, oft hervorgehoben. „It’s Ok To Cry“, SOPHIES ikonischer Track von 2017, mit dem sie sich endgültig herauswagte aus dem Versteck des reinen Produzierens, war für sie ein einschneidendes Musikerlebnis. 2021 ist die Künstlerin verstorben. Bei dem Versuch, auf dem Dach ihrer Unterkunft in Athen stehend den Vollmond zu fotografieren, stürzte sie in die Tiefe. Bereits vor ihrem Tod hatte sie dieses, ihr zweites Album, fast komplett fertiggestellt, und ihr Bruder konnte die Stücke nun zusammenfügen, geradezu kuratieren. Ich halte es für ein Meisterwerk.
AmazonIn drei Abschnitte eingeteilt, Horror (gleich zu Beginn), Leben, und Liebe/Tod spiegelt es die große Könnerschaft, die visionäre Sounddichte in SOPHIES Kosmos wider. Ihr glasscherbenhafter Hyperpop, ihr Gefühl für Dramaturgie und Lücke zeigen sich in Tracks wie „Rawwwwww“ oder „Exhilarate“. Nur der nötigste Beat, der klar definierte Hallspace, das große, hysterische „Drüber“ lassen Raum für das Selberfühlen. Der Körper denkt die Mitte mit.
Wir haben es mit Tanzmusik zu tun. Aber auch mit Experiment. Es ist Pop in einer ungekannten, fast schmerzhaft verblasenen Version. Hier wird an Grenzen gegangen, was ja das Wesen von guter Kunst ist. Gegen Ende des Albums erwischt uns ein Überhit. Mit „My Forever“ werden uns schillerndes Glück aber auch die Untiefen tiefster Melancholie geradezu trotzig zugemutet. Ein liebevoll skelettiertes Stück Pop von großer Schönheit. Der letzte Track „Love Me Off The Earth“ verweist darauf, dass bereits ein Stern nach SOPHIE benannt wurde. Weil diese Künstlerin Leuchtkraft besaß.
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