Muse
Drones
Warner 05.06.2015
Die (gute?) alte, mit „Transformers“-Sounds aufgepimpte Progrock-Schule. Aber darf man ein so relevantes Thema Matt Bellamy überlassen?
Ihr gesellschaftskritischer Ansatz war ja schon immer ein Witz. Allerdings blieb das mal dystopisch-verschwörungstheoretische, mal widerständlerische Gewese von Muse bislang meist naiv und krude genug, um es zu vernachlässigen. Mit DRONES hat das englische Trio nun allerdings ein Thema belegt, das zu wichtig und schmerzhaft ist, um es Matt Bellamy zu überlassen. Auf DRONES geht es um (Kampf-)Drohnen. Und Muse haben, ihrer Progrock-Tradition verpflichtet, dazu ein Konzeptalbum aufgenommen.
Das erste, leidlich philosophische Bild hierzu, das uns auf dem Cover allerdings derart plakativ vor den Latz geknallt wird, dass einem denkenden Menschen jede Motivation in den Kartoffelkeller rauscht, ist ja nicht ganz doof: Der aufs ferngesteuerte Töten programmierte Befehlsempfänger wird selbst zur Drohne. Doch der Rest der Geschichte geht so: Der seelentote („Dead Inside“) Protagonist wird „Drill Sergeant“-seits zum „Psycho“ zurechtgebrüllt / dunkle Mantelmänner essen Seele auf („Mercy“, greint Matt) / die ferngesteuerten „Reapers“ radikalisieren die Beschossenen nur weiter / der wiederbeseelte Drohnenlenker versucht, sich loszusagen von „The Handler“ / Ratatazong-Auftritt des „Defector“ / es gibt eine „Revolt“, begleitet von auf- klärerischen Anwandlungen: „our freedom is just a loan“ / und eine „Aftermath“ mit Verbrüderungsszenen, die nichts davon ahnen lassen, dass „The Globalist“ in der Prä-Revolutions-Welt genug Macht auf sich vereint hat, um diese in die atomare Katastrophe zu bomben (weil es ihm an Liebe fehlte) / Rauswerfer-Reprise: „Drones“ , als gregorianischer Kanon, das Schlussakkordwort lautet: „Amen“ (statt „Aua“).
Und als ob das noch nicht platt genug wäre, verpacken Muse diese Story in eine Platte, die rrrichtig rockt. Mit Malmsteenismen auf der Schwanzaxt, Glamrock-Brecher-Riffs, Polterschlagwerk, mit Science-Fiction-Soundeffekten durchwirkten Hardgerocktem, das sich im Soundsystem einer jeden Panzerfahrzeugeinheit prächtig macht. Kein Bruch, keine Idee davon, wie die Komplexität und Abgründigkeit des Themas die Ästhetik wenigstens einfärben könnte. Stattdessen: marching drums, Granatensounds aus der Hendrix’schen, Luftalarmsirenen und mit zunehmendem Drama immer mehr Klavier, Queen-Chöre, Schunkeltempo und ein winselnder Bellamy. Wäre DRONES ein Film, dann wären wir hier Zeuge einer dramaturgischen Bruchlandung eines verwirrten Blockbuster-Regisseurs, der versucht, mit „Transformers“-Mitteln einen Anti-Kriegsfilm zu inszenieren. Vermutlich werden sehr viele Popcornfresser das auch noch bejubeln. Aber irgendwo ist Schluss mit Action und Special Effects. Rock, selbst Progrock, ist das falsche Mittel, um uns das gesetzlose Zerfetzen von Menschen aus heiterem Himmel bewusst zu machen.