Niels Frevert
Paradies der gefälschten Dinge
Grönland/Rough Trade
Groß gedachte, sehr gut gemachte Singer/Songwriter-Platte des ehemaligen Nationalgaleristen.
Niels Freverts Idee, als Songwriter nicht länger zu kleckern, sondern zu klotzen, zahlt sich aus. Statt sparsam und spröde zur Gitarre zu singen, bewies der frühere Nationalgalerie-Chef schon auf dem Vorgänger ZETTEL AUF DEM BODEN den Mut, weiterzudenken und sich an die großen Vorbilder heranzutasten.
Für sein neues Album Paradies der gefälschten Dinge wechselte er das Label, beschaffte sich dadurch ein größeres Budget und geht noch einen Schritt weiter. Mit Geigen und Trompeten nähert sich Frevert den Sphären von Pop-Großmeister Jimmy Webb. Auch sanft-samtene Soul-Einflüsse sind zu hören, die Arrangements sind wirklich große Klasse.
Als Texter hat sich der Hanseat weniger verändert. Frevert sucht weiterhin die große Geschichte in den kleinen Begebenheiten. Beinahe neidisch schaut er, der Großstadtneurotiker, bei „UFO“ auf die ländlichen Besucher des Evangelischen Kirchentags, der Hamburg 2013 in ein naiv-nervig-fröhliches Blau tauchte. All diese glücklichen Menschen! Wie sie lachen und sich freuen! Doch dann verweist der Refrain auf eine andere Art von Gespinsten: „Ein UFO schwebte senkrecht überm Kirchentag.“
Mit „Das mit dem Glücklichsein ist relativ“ gelingt Niels Frevert ein sehr gutes Lied als Schnittmenge von späten Blumfeld und Erdmöbel, was wohl der Beleg dafür ist, dass Frevert mit seinem fünften Solo-Werk endgültig zur Gipfelgruppe der deutschen Popmusik gestoßen ist.