Parcels
Day/Night
Virgin/Universal (VÖ: 5.11.)
Der Wes-Anderson-Yachtpop der Berliner vom Byron Bay scheitert an zu großen Ambitionen.
Ungefähr zur selben Zeit, als die Hipsterjugend in Berlin begann, sich auf DJ Supermarkts „Too Slow to Disco“-Partys von 70er Soft- und Yachtpop in die seligen Siebziger beamen zu lassen, betraten Parcels die Bühne – und gaben der neuen Lust auf Schmusigkeit fünf mehr als fotogene Gesichter. Auf ihrem selbstbetitelten Debüt von 2018 spielten die fünf Berliner vom Byron Bay eine Art Wes-Anderson-Version des guten, alten Steely-Dan-Sounds, superstylish und detailvernarrt inszeniert für alle Zuspätgeborenen.
AmazonNun widmet sich die schicke Anachronistentruppe einer weiteren aussterbenden Kunst: dem Konzeptalbum. Auf der Doppel-LP DAY/NIGHT führen Parcels durch einen Tag voll der kalifornischen Sonne, hinein in eine Nacht der dunklen Gedanken. In ihren besten Momenten klingen die fünf einmal mehr nach Party bei Nile Rodgers. Oder nach Laurel Canyon. Nach Orten, an denen die Nachmittagssonne besonders warm in den Aperitivo scheint, die Schatten aber schon lauern. Leider ächzt die charmante Nummer unter dem Gewicht des Zuvielwollens.
Zu viel wohltemperiertes Gejamme, zu viel Streicherdrama und -wohlklang; zu viel der Gewissheit, dass man die Yacht, pardon, mit
Stilsicherheit und schönen Harmoniegesängen schon schaukeln wird. Kurzum: Das Ding ist zu lang, die Songs zu wenig zwingend. Wenn dies also das Großwerk nach dem Hype sein soll, sind Parcels wohl gescheitert. Wenn auch nur ein kleines bisschen. Und immerhin fotogen.