Kurz Und Klein

Entgegen landläufiger Meinung ist dieser Kasten keine vollautomatische Ohrfeigenmaschine. Hier landet nicht (nur) der ganze lakonisch abzustrafende Kleinscheiß, dem wir eine große Besprechung nicht gönnen. Vielmehr ist diese Rubrik als Sammelbecken für Themen gedacht, deren Relevanz für unsere Leser wir als nicht/ noch nicht/nicht mehr allzu hoch erachten. Mit diesem Wissen im Hinterkopf begrüße ich Sie zu unvoreingenommenen 3.000 Zeichen über aktuelle relevanzärmere Veröffentlichungen. Dailghtry sind Dreck. Industriegefertigter Dreck. Ihr imTitel ihres zweiten Albums LEAVE THIS TOWN (Sony Music) angekündigtes Vorhaben können die Poser um American-ldol-Finalist Chris Daughtry gerne noch ausweiten: Leave this galaxy! Schlimmer als Nickelback. Deren Chef hat an diesem Missverständnis von Alternative Rock auch noch mitgeschrieben, ebenso wie Ryan Tedder (OneRepublic), Jason Wade (Lifehouse) und Richard Marx (!). Für ihr Solo-Debüt musste DoloreS O’Riordan mehr als ausreichend Kritik einstecken. Aus diesem Grund und weil der Autor früher „Zombie“ gut fand und Mitleid für diese Frau empfindet, wollen wir uns bei NO BAGGAGE (Cooking Vinyl/Indigo) auf das Wesentliche beschränken: Das ist sterbenslangweiliger Radiopop. Ein gutes Bindeglied zwischen The Bad von noch eben unddemnun kommenden The Good sind, auch um hiermit das zu Beginn eingegangene Gegensatz-Spiel zu beenden, We Rock Like Girls Don’t. Das Duo aus Glasgow und London und viele seiner Songtitel („Queen Of Heavv Metal“, „Rock’n’Roll Freak“) heißen nämlich nur blöd, sind es aber nicht. Im Gegenteil: H0W DIÜ IT GET Tu THIS (Distort/Cargo) ist recht cleverer Stoner-Rock mit der Attitüde einer PJ Harvey. Noch mehr Gehirnschmalz haben Mariahilff lohnend investiert: Ihr gleichnamiges, bei Roof Music erschienenes Album richtet sich an eine Schnittmengen-Zielgruppe aus Element-of-Crime- und Tom-Waits-Fans und enthält die Textzeile „Um die Sonne jagt ein stinkender Kotball“‚. Kopl der Band ist Lars Rudolph (Schauspieler: „Luther“, „DerWixxer“ /Musiker: Ich schwitze nie). Der Kopf von Stefan Hantel ziert erneut eine Platte seines Monikers ShäTltel. Diesmal mit abber Mähne. Dies symbolisiert allerdings weder Stil Wechsel noch Reduktion. PLANET PAP-RIKA (Essay/Indigo) ist Profi-Dance, der weit über die Grenzen des Balkanpops hinausgeht. Ein neuer Genrebegriff muss her! Oder ein bedeutungsgewandclter alter? Eurodance wäre doch vom Wortsinn her treffend. Außerdem liefert Shantel gleich den Song zum semantischen Wandel: Der Titeltrack basiert hier auf dem Hook von Dr. Albans „Hello Afrika“. Was haben wir bisher gelernt? Richtig, dieser Kasten ist für alle da. Für alle, die Ihnen vermutlich nicht so eng am Herzen liegen. Was hat dann jemand wie der Elektronik-ExperimentalistTom „Squarepiisher Jenkinson hier verloren? Den lieben wir doch alle so! Ja, aber nicht vorrangig für uneditierte Aufnahmen Pariser Live-Shows wie solo ELECTRIC BASS 1 (Warp/ Rough Trade), die nur aus Bass-Instrumentals bestehen. Ein Wahnsinn. Wesentlich konventioneller lassen es Hot GOS-Stp angehen. YOU LOOK FASTER WHEN YOU ARE YOUNG (Ghost/Cargo) ist klassischer, roh produzierter New-Wave-Indierock, der durchaus spannende Ideen aufweist, diese aber zu oft wiederholt, anstatt sie weiterzuentwickeln. Noch vor fünf Jahren eigentlich kein Hinderungsgrund für eine wenigstens eine Saison währende Hype-Karriere. Doch auf dem übersättigten New-Wave-Indierockmarkt von heute dürfte es das italienische Trio schwer haben, sich zu behaupten. Behauptet zumindest: Stephan Rehm.