Boom Tschak: Digital Delay – Vinyl kaufen geht noch immer
Warum das Vinyl-only-Label von Vladislav Delay digital geworden ist.
Die zuständige Presseagentur verkündete die Botschaft in dicken Lettern: „Sasu Ripatti aka Vladislav Delay releases the full remastered & reworked Ripatti label back catalogue“. Und zwar digital. Das war eine komische Meldung, zumal Ripatti das gleichnamige Label erst im Sommer 2013 ins Leben gerufen hatte, und zwar als „vinyl only“. Der 38-Jährige, der nach einer über 15-jährigen Karriere mit experimentellem Techno, Ambient, Dub und Avantgarde gerne als Veteran bezeichnet wird, ist gar kein Vinyl-Hardliner, auch wenn er zugibt, dass er digitale Formate nicht besonders mag. Allein wirtschaftliche Gründe führt er in einem Interview mit „Electronic Beats“ für seine Entscheidung an. Die Vinyl-only-Veröffentlichungen waren ein Verlustgeschäft. „Null Rendite wäre okay, aber mehr Geld verlieren, als ich besitze, nicht.“
Das lässt die romantische Vorstellung von der Rückkehr des Vinyls in einem anderen Licht erscheinen. DJs, die in der bleiernen Zeit in den 90ern das Vinyl am Leben erhalten haben, werden digital; Gewinne mit Schallplatten werden hauptsächlich von großen Plattenfirmen mit retromanischen Wiederveröffentlichungen nichtelektronischer Musik gemacht. Auch das ist ein Nischengeschäft, aber es ist wenigstens ein Geschäft. Bisher sind sieben 12-Inches auf dem Ripatti-Label erschienen, Musik, die Sasu Ripatti unter verschiedenen Namen (Ripatti, Vladislav Delay) und mit verschiedenen Kooperationspartnern wie Max Loderbauer (als Heisenberg) und Matti Pentikäinen (als Twwth) aufgenommen und die seine Experimente vorangetrieben hat, teilweise mit schmerzhaften Resultaten. Dass die digitalen Versionen der Tracks neben „remastered“ auch „reproduced“ sind, ist ein Tribut an die Vinyl-Releases, die ihre Einzigartigkeit behalten sollen. Wer den Niedergang von Vinyl beklagt, kann übrigens an einer zeitlich unbegrenzten Charity-Aktion teilnehmen: im Plattenladen mehr Platten kaufen.