24 Alben, die Spotify nicht kennt
Trotz seiner beeindruckenden Bibliothek hat Spotify Lücken. Eine (keinesfalls vollständige) Liste von empfehlenswerten LPs, die fehlen.
Zwar haben viele der Pop-Giganten, die sich in den vergangenen Jahren dem Streaming verweigerten, nachgegeben: Adele, Coldplay, Die Ärzte – sie alle finden wir mittlerweile bei Spotify und Co. Doch wer die Ränder ausleuchtet, wird bisweilen auf empfindliche Lücken stoßen. Eine – keinesfalls vollständige – Liste von empfehlenswerten Alben, die bei Spotify fehlen.
Kraftwerk – Kraftwerk (1970)
Das Debüt, um das es still geworden ist. Schade, denn die Wurzeln der späteren Großwerke sind deutlich erkennbar, auch wenn die Elektronik noch sehr ausgewählt eingesetzt wird.
Brian Auger – This Is Brian Auger (1974)
Man kann sich zwar durch diverse „Greatest Hits“ eine schöne Früher-Anthologie vom Orgel-Meister zusammenstellen – aber ausgerechnet der Tanzboden-Kracher „Tiger“ fehlt – wer den besitzen möchte, wird dieses Album erstehen müssen.
Bow Wow Wow – See Jungle! See Jungle! Go Join Your Gang Yeah, City All Over! Go Ape Crazy (1981)
Das Album mit dem etwas sperrigen Titel bevorratet einige der interessantesten Sounds der Frühachtziger: Perkussive Weltmusik trifft auf exaltierten Gesang triff t auf Wave-Strukturen. Wer Glück hat, findet’s in der Wühlkiste.
Nina Hagen Band – Nina Hagen Band (1978)
Das Debüt der kurz zuvor aus der DDR in die BRD übergesiedelten Hagen ist in seinem Eklektizismus nicht immer einfach anzuhören – aber gerade deshalb eine enorm wichtige Platte: Spuren von Deutschpunk finden sich ebenso wie solche von NDW, Pop und Reggae wird angeschnitten, und zu all dem singt die Hagen so explizit, wie vorher kaum jemand auf einer Major-Produktion.
Andreas Dorau – Neu! (1994)
„Das Telefon sagt Du“! „Stoned Faces Don’t Lie“! Was für Hits das sind! Leider nur als CD erhältlich. Lieber Andreas Dorau, bitte nachpressen!
Joanna Newsom – YS (2006)
Die Songs strecken sich bis auf 17 Minuten, Van Dyke Parks produziert. Am Mischpult sitzt Steve Albini. Das Ergebnis: ein entrückter Ritt, der sich wohl als Progressive Folk beschreiben lässt.
Pizzicato Five – This Year’s Girl (1991)
Auch wenn sie aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden sein mögen: In den 90er-Jahren waren Pizzicato Five mit ihrem kawaii Mix aus Indie-Pop und Easy Listening eine große Nummer.
Smashing Pumpkins – Zeitgeist (2007)
Ganz offenbar konnte sich Billy Corgan nicht mit seinem ehemaligen Label Warner Music einigen: Nicht nur ZEITGEIST fehlt, sondern auch das Zwan-Album MANY STAR OF THE SEA und das 2005 erschienene THE FUTURE EMBRACE.
The Go-Betweens – Before Hollywood (1983)
Die paritätische Arbeitsteilung zwischen Robert Forster und Grant McLennan beginnt auf diesem zweiten Album der Go-Betweens – von Spotify ignoriert. „Bewegend!“ seufzte Edwyn Collins damals. Er hatte recht.
Nicolette – Now Is Early (1992)
Auf Punkt und mit angemessener Urgewalt produziert von Shut Up And Dance, dazu eine der schönsten Stimmen der Zeit. Leider hatte Nicolette Pech: Ihr Label ging wegen ungeklärter Samples pleite, zwar erschien ihr Debüt 1997 erneut – aber da hatten sich die Trendchecker schon wieder dem sogenannten Triphop ab- und anderen Genres zugewandt.
Cpt. Kirk &. – Reformhölle (1992)
Die coolsten Typen aus der Hamburger Schule schwänzen den Streamingdienst, und das ist schade: Gerade REFORMHÖLLE ist eine von Tobias Levins interessantesten Arbeiten, flüchtig, aber fordernd, am Jazz ebenso geschult wie am Postcore.
Flowerpornoes – Mamas Pfirsiche (1993)
Nie rotzte Liwa so schön Richtung Industrie wie in „Titelstory gegen ganzseitige Anzeige“. Und wenige coverten „Losing My Religion“ so gut wie er.
International Pony – We Love Music (2002)
HipHop wurde Cosmic DJ und Koze von Fishmob irgendwann langweilig. Mit Erobique spielten sie dieses Album ein, auf dem sich House und Funk die Klinke in die Hand geben.
Eins, Zwo – Gefährliches Halbwissen (1999)
Weder Eins, Zwo noch Dendemann solo sind bei Spotify mit sonderlich vielen Werken vertreten. Schade – denn schon mit dem Debüt hoben die Hamburger das Prinzip Wortspiel in höchste Höhen. Dendemann blieb diesem Wirkprinzip über all die Jahre treu, nicht umsonst hatten wir ihn neulich auf dem Titel.
Neil Young – Eldorado (1989)
Eigentlich nur eine EP, aber eine, die nicht unwichtig ist: Neil Young, begleitet von The Restless, spielte sie in etwa zur gleichen Zeit wie das große FREEDOM ein. „Cocaine Eyes“, einer seiner besten Songs der 80er-Jahre, findet sich nur hier.
Jim O’Rourke – Eureka (1999)
Auch Jim O’Rourkes Diskografie weist empfindliche Lücken auf. So fehlt etwa EUREKA, ein Album, das sich bisweilen etwas gekünstelt, aber letztendlich durchaus erfolgreich Vorbildern wie Burt Bacharach nähert und nebenbei eine schöne Hymne im Gepäck hat: „Women of the world, take over, because if you don’t, the world will come to an end, and it won’t take long.“
Jandek – Ready For The House (1978)
Jandek war nie Teil von so etwas wie der „Musikindustrie“. Er veröffentlicht im Eigenvertrieb, gibt keine Interviews, lässt keine Fotos von sich machen. Ein paar Sampler-Beiträge finden sich bei Spotify, aber keines seiner über 100 Alben. Fangen wir doch mit dem ersten an!
Baxendale – You Will Have Your Revenge (1999)
Britpop war Ende der 90er vorbei. Baxendale gaben ihm noch eins mit: Dem Ladism von Oasis und Co. begegneten die Londoner mit zuckrigen Elektro-Popsongs über das Skifahren in der Schweiz, Teenager:innen, die auf Schuldächern liegen und Boards Of Canada hören.
X-Ecutioners – X-Pressions (1997)
Das Debütalbum der NYC Turntablists war kommerziell kein großer Erfolg. Dennoch: Das, was das Kollektiv um Rob Swift hier am Plattenspieler abliefert, ist zumindest für Genre-Bescheidwisser:innen eine wahre Freude.
Spacemen 3 – The Perfect Prescription (1987)
Wer wissen möchte, wo der Sound von Spiritualized herkommt, und (zumindest über Ecken) der von Shoegaze-Kolleg:innen wie Ride, My Bloody Valentine und all den anderen, möge hier gut hinhören. Auch der Rest des durchaus umfangreichen Werkes der Band um Jason Pierce fehlt, von einem Song abgesehen, den MGMT einmal auf eine Compilation packten.
Neonbabies – Neonbabies (1981)
Durchaus epochales Album, was die Vermischung von NDW und Pop-Gesten angeht. Annette Humpes „Blaue Augen“, später ein Hit für Ideal, hören wir zum ersten Mal hier – gesungen von Schwester Inga.
Time Twisters, verdammt! – Girls, Gurus & Gitarren (1994)
Eine verspätete Randnotiz aus dem Fast-Weltweit-Kosmos, jener kleinen Popwelt rund um Bad Salzuflen: Statt Diskurs gibt’s bei dem Duo aber einen Mix aus Powerpop, Surf und C86-Sounds. Mit dem heimlichen Hit „Auf Klassenfahrt nach London“.
Karate – Karate (1996)
Das 1996 erschienene Debüt der Bostoner schafft das Kunststück, gleichzeitig auf Punk und auf Jazz freizudrehen. Später wurden die Songs kompakter, suchten die Nähe zum Postcore. Bis auf eine 2005 veröffentlichte holländische „In The Fishtank“-Session tatsächlich die letzte Aufnahme der Band, kann man all das leider nicht bei Spotify nachvollziehen.
Frank Ocean – Nostalgia, Ultra (2011)
Auch bei Frank Oceans Mixtape-Debüt dürfte ein Sample dafür verantwortlich sein, dass es nicht bei Spotify zu finden ist: In „American Wedding“ wird am Anfang „Hotel California“ von den Eagles eingespielt, auch die weitere Melodie folgt beflissen dem Super-Hit. Die Westcoast-Rocker waren nicht begeistert, Don Henley, mit dem Prinzip des Samplings offenbar nicht vertraut, nannte Frank Ocean seinerzeit in einem Interview einen „Talentless Prick“. Als Vinyl nur als Bootleg erhältlich.