Die Ärzte zurück bei Rock am Ring 2019 – die BÄSTEN Momente
So gerammelt voll hat man den Bereich vor der Volcano Stage lange nicht gesehen: Jeder Mensch und dessen Mutter wollte die Rückkehr von Die Ärzte erleben, die vor einem Jahr so spektakulär angekündigt worden war. Die unvergesslichsten Momente der Show hier in der Zusammenfassung.
Um kurz nach halb elf trötet es endlich schief zum Start der bislang besten (und längsten) Show des Festivals: Mit „Country roads, take me home to the place I belong“ kehren Die Ärzte zurück auf jene Bühne, die sie zum letzten Mal 2007 bespielt haben.
Knaller-Einstieg mit „Unrockbar“ und „Wie es geht“
Bela, der sich im Showmaster-Glitzerfummel über die Bühne bewegt, ein wie immer schwarz gekleideter Farin und Rod, das „fleischgewordene Kamasutra im blauen Anzug aus dem Hause Calvin Klein“ – alle sehen sie nach wie vor unverschämt gut aus, den schlechten Wortwitz mit der Dreifaltigkeit kann man sich also getrost sparen. „Wer hat sich auf uns gefreut und wer ist jetzt schon ein bisschen enttäuscht?“ Entschuldigend erklärt Farin auch ein paar erste charmante Misstöne, die dem frischen Eifel-Wetter zuzuschreiben sind: „Ich spiel ja schon nicht gut Gitarre, aber mit kalten Fingern wird‘s nicht besser.“
Mein Großvater war Rennfahrer auf dem Nürburgring und er pflegte zu sagen: Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Arschlöcher auf die Straße zurück. – Rod, Einstieg bei „Anti-Zombie“
Die Ärzte lassen Slayer alt aussehen
Ein bisschen ungünstig ist es schon, dass ausgerechnet jetzt Slayer spielen müssen – das hätte sich Bela unter anderen Umständen nicht entgehen lassen. Den Frust kriegt Farin ab, sein Kollege „mit den großen Zähnen und dem erschreckend kleinen Penis“. „Man kann nicht alles haben!“, kontert der mit einem noch breiteren Grinsen und das Publikum darf spaßeshalber einmal mit den Zähnen klappern. „Ich freu mich schon auf den Flatulenzapplaus, aber wir greifen vor!“
Eine kleine Publikumsschelte gibt es, als Bela „Der Graf“ anstimmt: „Wenn Graf Dracula aus seinem Schloss kriecht, um das Blut Unschuldiger zu trinken, da klatscht man doch nicht.“ Es folgt eine kurze Einweisung, wie sich Fledermausflattern und Baumrascheln imitieren lassen. Dem Beitrag des Glitzergrafen folgt mit „Manchmal haben Frauen“ ein Lied für das Matriarchat sowie mit „Hurra“ ein Lied für die gute Laune – und dann gleich noch drei Lügen auf einmal: „Jetzt kommt das letzte Lied, danach kommen wir nie wieder und mein Penis ist übrigens soooo groß!“
Epische Lichter-Show
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Besucher der „Miles & More“-Tour fungierten in den Wochen vor Rock am Ring als Versuchskaninchen für das Ä-Projekt „innovative Publikumsbeteiligung“. Dort wurde schon mal im kleinen Kreis getestet, welche Moves, La Olas und Rufe heutzutage noch zeitgemäß sind und im Kollektiv gut wirken. In Slowenien lernte man: Sich bei „Zu spät“ rhythmisch um die eigene Achse zu drehen und dabei Handylicht zu spenden, ist ein hübscher Effekt – bei der Größenordnung, die Rock am Ring zu bieten hat, skalieren Die Ärzte ihre kleine Idee dagegen zu einem unvergesslichen Moment hoch. Das wogende Lichtermeer erstreckt sich bis zum anderen Ende des Festivalgeländes. „3 Poperzen singen ihre Terzen“ ist da schon verdammt tiefgestapelt.
Für den Fan-Favorit „Westerland“ wechseln Die Ärzte schließlich in den Modus „schäbige Karaoke-Maschine“ und lassen einfach die Zuschauer singen – am Ende sprüht Rods stylischer Sylt-Bass meterhohe Funken.
„Das bisschen Rammstein macht sich doch von allein, sagt mein Mann …“
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Wehmütig verkündet Bela noch: „Slayer sind schon auf dem Weg ins Hotel.“ Das Publikum spendet Trost und formt mit den Händen Herzen für den enttäuschten Fan, der wünscht sich dagegen zwei zusammengeführte Pommesgabeln – „eine quadratische Vagina?“, fragt Farin irritiert. „Nur weil du immer deine Rittersport fickst!“ Mit „Revolution ’94/Kopfüber in die Hölle“ rumpeln BelaFarinRod nach einem bis nach ein Uhr ausgedehnten Set mit genüsslich vorgetragenem Schwachsinn noch ein letztes Mal los.
Schließlich schicken sie die Zuschauer mit „Dauerwelle vs. Minipli“ ihrer Wege. „Das bisschen Rammstein macht sich doch von allein, sagt mein Mann“, trällert Bela, als über ihnen zum Abschluss die Funken sprühen. Eine epische Rückkehr, die deutlich macht, wie sehr Die Ärzte uns in den letzten Jahren eigentlich gefehlt haben – und WIR IHNEN ganz offensichtlich auch.
Die komplette Setlist von Die Ärzte bei Rock am Ring 2019:
- Unrockbar
- Wie es geht
- Wir sind die Besten
- Lied vom Scheitern
- 2000 Mädchen
- Ignorama
- Punkbabies
- Lasse redn
- Perfekt
- Fiasko
- Angeber
- Lady
- 1/2 Lovesong
- Sohn der Leere
- Anti-Zombie
- Der Graf
- Himmelblau
- Deine Schuld
- Manchmal haben Frauen …
- Hurra
- Heulerei
- Schunder-Song
- Abschied (mit „Rapper‘s Delight“)
Zugabe:
- Schrei nach Liebe
- Westerland
- Zu spät
- Rückkehr
- Rebell
- Junge
- Revolution ’94 / Kopfüber in die Hölle
- Dauerwelle vs. Minipli