Jens Friebe


Intime Homecomingshow oder große Poprevue: Schein und Sein im Berliner Festsaal Kreuzberg.

Du musst heut‘ Nacht nicht auf dieses Konzert / Das hat man doch alles schon mal gesehen“, singt Jens Friebe im ersten Lied des Abends, „Theater“. Dabei geht es dem ordentlich gefüllten Prachtsälchen doch genau darum: Friebe schon gesehen zu haben. Hier zischt man sich bereits vor Konzertbeginn aufgeregt zu: „Ich hab ihn, IHN schon gesehen. ER ist schon da!“ Hier wird ER seinem Klischee als „einzigem deutschen Popstar“ gerecht. Hier sind seine Lieder „Neues Gesicht“ und „Frau Baron“ Hits. Und wenn Friebe dazu auffordert, später den Namen Ronald M. Schernikau zu googeln – vor dem 1991 an AIDS gestorbenen Berliner Schriftsteller verneigt er sich in „Königin im Dreck“ – kann er davon ausgehen, dass der Name in der Liste der häufigsten Suchbegriffe um zweihundert Plätze nach oben schnellt.

Gleich am Anfang birst Schlagzeuger Chris Imler ein Drumstick. Ersatz hat er keinen. Die Vorband Luise Pop hilft aus. „Haha! Na klaaar ist das Teil der Show“, behauptet ein Besucher zu wissen, „das kann doch nicht sein, dass der Drummer nur zwei Sticks dabeihat. Überleg mal! Das ist eine Sollbruchstelle.“ Von einem Popstar wird Inszenierung erwartet. Zu- oder Unfälle werden ignoriert. Dass Friebes Scheitel nicht hinterm Ohr hängen bleiben will: Absicht! Dass aus dem Publikum gezogene Backingsängerinnen mal den Einsatz verpassen: alles Show! True perfection has to be imperfect! Und Friebe spielt auch noch mit: stimmt kurz die ersten Takte von „Imagine“ an, bricht dann aber „aus Pietätsgründen“ ab. So was macht sonst nur Bono. Hätte Friebe nur schon vor 25 Jahren gewirkt – er hätte die NDW auf eine höhere Ebene führen und so zu Deutschlands einzigem Popstar werden können. Ob er gewollt hätte oder nicht.