Car Seat Headrest
Twin Fantasy
Matador/Beggars/Indigo
Ein Glücksfall: die Neuauflage eines Lo-Fi-Albums von 2011 im prachtvollen Indie-Rock-Sound mit ein paar Ergänzungen.
Remake? Remodel? Oder die Bewältigung einer bereits bewältigten Vergangenheit, worum geht es hier denn nun? Will Toledo, besser bekannt unter dem Künstler-/Bandnamen Car Seat Headrest, hat die Songs seines 2011er-Albums TWIN FANTASY noch einmal aufgenommen, im vollen Ensemblesound, mit der Power der vielen Gitarrenherzen und dem Studio-Equipment, das damals noch außerhalb der Diskussion stand. 2011 war Toledo 19 Jahre jung, mit dem Album stellte er schon seine sechste Lo-Fi-Produktion auf Bandcamp, es ging um eine Beziehung und das, was sie an Irritationen so alles hinterlässt.
Mit der Neuauflage wird die Verarbeitung des Gewesenen jetzt einer weiteren Verarbeitung unterzogen oder einer weiteren Fantasie anheimgestellt und: Das funktioniert. Man höre sich nur mal die 13-minütige Version von „Beach Life In Death“ an, gut eine Minute lang dreht Toledo sich im E-Gitarren-Geschrammel (und das ist ein neuer Mix der ersten Sekunden des Originals), ohne Drums und Bass, dann spielt die Band den Song im Hier und Jetzt bis an die Zerreißprobe fort, kühlt ab, fährt einen Gang runter, schießt wieder nach vorne, der Sänger scheint drei Tode zu sterben. Echo, Break, und der schönste Schrei, den der Indie-Rock der 90er nicht auf der Palette hatte.
„Stop Smoking“ triumphiert hier in einer Trockenübung, mit akustischer Gitarre und Toledos Fürbitte, Gevatter Tod ist wieder in Reichweite: „Stop smoking, we love you and we don’t want you to die“. „Nervous Young Inhumans“ und „Bodys“ ein paar Stücke weiter sind jetzt zu den Hits geworden, die Fans von Car Seat Headrest erwarten durften, voll in Bass und Bumms stehend – und doch in Reichweite eines Bruchs. Das Album erscheint als Doppel-CD (die enthält auch das Originalalbum) und als Doppelvinyl (ohne Original). Man kann sich nicht entscheiden, was schöner, was intensiver ist: Original oder Remake?