Ezra Furman
Transangelic Exodus
Bella Union/PIAS Coop/Rough Trade
Ezra Furman nahm in den letzten zehn Jahren einen Strang von sechs Alben auf, die einer interessanten Dramaturgie folgten: Was zunächst im New-York-Rock der Anfangsnuller grundiert war, wurde mit jeder Platte vielschichtiger, unberechenbarer und auch expliziter.
Heute folgt Furman eher thematischen als musikalischen Identifikationsmustern. Der Indierock mit Doo-Wop-Einflüssen, der das letzte Album prägte, ist einem harschen Sound gewichen, der knarzt, viel mit Echos arbeitet und in dem die Instrumente eher Punkte setzen als Teppiche zu verlegen.
Das Schlagzeug klingt eigenartig entseelt, schwarzer Staub liegt auf den einzelnen Tönen. Und die Stimme mutet klagender denn je an, was nachvollziehbar ist: Es ist ein kaltes Land, über das Furman singt. Hier ist er einsam, aber nicht alleine: Es gibt Engel, die als Beschützer während seiner „queer outlaw saga“ fungieren, die mit ihm gemeinsam im Wagen sitzen.
Vor allem die Vorab-Single „Driving Down To L.A.“ und „God Lifts Up The Lowly“ erzählen von ihnen, sie tragen Flügel aus Silberfolie und Zigarettenkippen und reißen den GPS-Tracker aus dem Kofferraum von Furmans Wagen. „This world is no place at all“, klagt er während seiner Fahrt, man kann all das als (auto-)fiktionale Story über den Kampf um sexuelle Identität, über die Suche nach einem Zuhause und als vertontes Road Movie (gefahren wird in vielen der Songs) lesen, aber auch als Reader für den Status quo der Vereinigten Staaten von Amerika.
Den Outlaws gibt Furman mit Zeilen wie „I can trace the habit to when I was eleven and I thought boys were pretty, I couldn’t tell no one“ („Compulsive Liar“) Mut, anderen die Möglichkeit, eigene Ideen von Sexualität zu hinterfragen. Wer das alles zu konzepthaft findet: Mit „Love You So Bad“ findet sich dann doch noch der von manchen erhoffte Hit auf der Platte – dessen Text aber so beklemmend ist wie alles, von dem Furman auf dieser Platte erzählt.
Klingt wie: Tom Waits: Rain Dogs (1985) / Violent Femmes: Why Do Birds Sing (1991)