Fleet Foxes, Oslo, Oya-Festival
Das ist alles schon mal da gewesen - aber SO noch nie: Die Goldkehlen aus Seattle tragen ihre überirdischen Harmoniegesänge in den hohen Norden.
Beim mittlerweile gar nicht mehr so beschaulichen fünftägigen 0ya-Festival in Norwegen kann man, wie Peter Maffay einmal in der marokkanischen Wüste auf seiner Harley sitzend sagte, „die Seele baumeln lassen“. Die Menschen hier sind nett, den 0,2-Liter-Pappbecher Rotwein gibt es kostengünstig ab 11 Euro, und das Line-up zeichnet sich durch einen maximal breiten Horizont aus, den man sich auch bei deutschen Festivals wünschen würde: Die durch Mord, Selbstmord und Schweineköpfe berühmt gewordenen Mayhem spielen Black-Metal, Sunn 0))) Drone, Doom, Ambient u.s.w., N.E.R.D HipHop, Sigur Ros Eso-Core, The Sonics Opa-Rock, Lykke Li Super-Pop, Sonic Youth und My Bloody Valentine die Musik von Legenden, und Yeasayer, The National, Iron & Wine, Dirty Pretty Things und The Mae Shi das, was bei den jungen Leuten eben gerade so angesagt ist.
Wir sind natürlich unter anderem nach Oslo gereist, um die Kraft und die Herrlichkeit der etwas verwachsenen Fleet Foxes aus Seattle zu erleben, deren Debüt-Album auch nach Monaten extensiven Hörens noch immer eine Sensation ist. Die Herren wirken etwas geschafft, was aber anscheinend keinen Grund darstellt, den einstündigen Auftritt nicht verweigerungsmäßig mit zwei Chorälen der sun giant-EP einzuleiten. Zwischen den Liedern wird viel gequatscht, gestimmt und in die Menge geguckt, wir zählen vier Bärte, nur der Bassist ist frisch rasiert und vom Mitsingen ausgeschlossen – Frontmann Robin Pecknold witzelt, die Band habe ihn auf der Straße aufgelesen. Das aus den ersten Reihen vehement geforderte „White Winter Hymnal“ erstickt dann jeden Zweifel im Keim, die Fleet Foxes könnten ihre ganz und gar makellosen vierstimmigen Harmony Vocals nicht auch im Konzert delivern: Hier stehen durch einen Zeittunnel auf die Erde gefallene Engel auf der Bühne, für die Platten wie deja vu, america und bookends noch die Welt bedeuten – egal, welches Jahr der Kalender gerade anzeigt. Es folgen die zwei größten Songs der Füchse: „Your Protector“ und das mehrteilige „Mykonos“, dessen ekstatisch geschmetterte „You go wherever you go today /You go today“-Stelle irgendwann einmal zum ergreifendsten Moment dieser Gruppe gekürt werden wird. Dann geht langsam die Sonne unter, und die Fleet Foxes verschwinden wieder. Wahrscheinlich, um sich backstage den Audiokommentar von „Easy Rider“ anzugucken. Oder „Der Joker“, mit Peter Maffay als rollstuhlfahrendem Kommissar. Mögen sie gut nach Hause kommen.
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