Das Ende der Unschuld


Jenny Lewis war Kinderstar und Bandmitglied. Jetzt nimmt sie es mit Erwachsenen auf und blickt manchmal wehmütig zurück.

Wer weiß, viel leicht haben Clap Your Hands Say Yeah Jenny Lewis gemeint, als sie Amerika in „Upon This Tidal Wave Of Young Blood“ baten, den Kinderstars der Welt zu helfen? Lewis war Anfang der 8oer in Spots für Pudding zu sehen, spielte später in Coming-Of-Age-Filmen, bekam kleine Rollen in „Golden Girls“ und (!)“Baywatch“ und gründete vor zehn Jahren Rilo Kiley. Die Frage, ob es Dinge von damals gebe, die sie vermisst, beantwortet Lewis mit einem schlichten „Gratisverpflegung!“, aber die Unterschiede zwischen den beiden Professionen sind ihr bewusst:“Ich habe mit drei Jahren angefangen zu schauspielern und relativ früh kapiert, dass man am nächsten Tag gar nicht zum Set kommen muss, wenn man anderer Meinung ist als der Regisseur. Außerdem ist die Öffentlichkeit brutal: Ich musste mit zwölf lernen, am besten nichts zu lesen, was über mich geschrieben wurde“

Kommen wir zur Musik: Während die in Teilen urplötzlich discokugelige und spiegelglatte letzte Rilo-Kiley-Platte under the black light manch Indie-und Country-Folk-Seligkeit erwartenden Hörer zu überfordern schien, wirkt Lewis’zweite Solo-LP acid tongue (diesmal ohne die Watson Twins, dafür mit Gastauftritten von Elvis Costello, Chris Robinson und Zooey Deschanel) etwas zu klassisch und gediegen, um für Hysterie sorgen zu können. Oder möchte etwa irgendein Hipster seine Coolness aufs Spiel setzen, indem er sich Loretta Lynn, Laura Nyro und Emmylou Harris in den Einkaufskorb legt? Dabei ist auf Acid Tongue ein Song wie „Jack Killed Mom“, textlich so düster wie eine von Nick Caves schaurigsten Mörderballaden. „Ja, das stimmt. Die Texte können einen diesmal ganz schön runterbringen, denn die Zeit nach rabbit for coat war nicht einfach für mich. Als ich vor zweieinhalb Jahren 30 wurde, dachte ich eigentlich, das sich damit spielend klarkomme. Aber dann wurde mir langsam bewusst, dass ich nun auch zu den Leuten gehöre, die die verlorene Unschuld der Kindheit betrauern. Weil sie eben nicht mehr wiederkommt.“

Weil Jennifer Diane Lewis jedoch heute das Glück hat, in Laurel Canyon zu wohnen, und ihre Plattensammlung nicht gerade klein ist, kann ihr vielleicht Bob Dylans „She Belongs To Me“ Trost und Rat spenden: „She’s got everything she needs/She’s an artist/She don’t lookback.“ Ist ja auch wahr.

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