5 Gründe, warum „Donnie Darko“ zu Recht als Kultfilm gilt
„Donnie Darko“ von Richard Kelly erschien 2001 und schaffte es hierzulande nie in die Kinos – eine Folge der Terroranschläge vom 11. September. Trotzdem entwickelte sich der atmosphärische Film mit Jake Gyllenhaal erst zum Geheimtipp und dann über die Jahre zum Kultfilm. Im September erscheint die restaurierte 4K-Version in Deutschland.
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Der Soundtrack
Wir sind ja immer noch der Musikexpress, fangen wir also mit dem Offensichtlichen an: Es gibt nur wenige Filme, die einen solch perfekten Soundtrack haben wie „Donnie Darko“. Das gilt für die die minimalistischen, dunklen Instrumentalstücke von Michael Andrews ebenso wie für die im Film eingesetzten Songs anderer Interpreten. Wobei es hier zu unterscheiden gilt zwischen der normalen Fassung und dem später veröffentlichen Director’s Cut. In der normalen Version ist es vor allem „The Killing Moon“ von Echo & The Bunnymen, das schon in den ersten Filmminuten für Unruhe und Begeisterung sorgt, weil seine Dramatik einen starken Kontrast zu Donnies Fahrradfahrt und Ankunft am Haus seiner Eltern bildet. Und dann wäre da natürlich noch das tragische One-Hit-Wonder Gary Jules, der zu Andrews Pianospiel so wundervoll den Tears For Fears-Klassiker „Mad World“ singt. Das Cover lief damals auf allen Radiostationen, das poetische Video von Michel Gondry ständig auf MTV – aber seitdem ist Jules weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Richard Kelly erklärte im Interview einmal, wie wichtig ihm Musik ist: „Sie ist für mich beim Filmemachen essentiell. Ich skizziere schon sehr früh im Schreibprozess Songideen oder wähle bekannte Lieder aus. Ich choreographiere sogar Szenen um die Songs herum. Ich spiele sie am Set dem Cast vor und mache manchmal Storyboard zu den Lyrics. Dein Filmscore-Komponisten heuere ich schon an, bevor ich auch nur ein Bild gefilmt habe.“
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Der Ruf des perfekten Debüts
Mit dem Spielfilm-Debüt ist es oft wie mit dem Debüt-Album: Es ist keine Momentaufnahme, man arbeitet viele Jahre darauf hin. Viel länger, als man das bei einem Nachfolger machen könnte. So war es auch bei Regisseur und Drehbuchautor Richard Kelly. „Donnie Darko“ war sein Herzensprojekt, eine Geschichte, die Kelly um seine eigene Gefühlswelt und das Setting seines Aufwachsens arrangierte und schrieb. Deshalb spielt der Film auch im Jahr 1988 weil, wie Kelly in einem Interview sagte, „ich mich an diese Zeit am besten erinnere.“ Im Interview zum US-Release der remasterten Versionen erklärt Kelly: „Es ist ein sehr persönlicher Film, es steckt sehr viel von mir darin.“ Die persönliche Note ist im ganzen Film spürbar, obwohl Kelly eben auch keinen Hehl daraus macht, welche Regisseure in beeinflusst haben. Kelly selbst sagt, er habe auch seine Liebe zum Blockbuster-Kino zeigen wollen, zu Filmen von James Cameron, Steven Spielberg, Robert Zemeckis. „Das waren die Regisseure, mit deren Filmen ich aufgewachsen bin.“ Was ihn dann zu dem Mann führte, der sehr deutlich das Personal, Kellys Blick auf die Stadt Middlesex und die Stimmung des Films beeinflusst hat: „David Lynch, der mein Leben verändert hat, als ich ‚Twin Peaks‘ entdeckt habe.“ Diese frühe Stilsicherheit, die große Freude an Zitaten, die niemals platt wirken und die mysteriöse Story, die fesselnd und schlüssig ist, obwohl sie viele Fragen unbeantwortet lässt – brachten „Donnie Darko“ nach und nach den Ruf ein, das perfekte Debüt eines neuen Stern am Regie-Himmel zu sein. Nörgler würden jetzt sagen, Kelly sei auch ein One-Hit-Wonder geblieben, weil er nie wieder so verehrt wurde wie für diesen Film. Aber hey, so schlecht waren „The Box“ und „Southland Tales“ jetzt auch nicht …
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Die Sache mit 9/11
Der Hintergrund ist natürlich tragisch, aber die Folgen des Terroranschlags am 11. September 2001 hatten tatsächlich großen Einfluss auf die Rezeption von „Donnie Darko“. Wir werden hier jetzt nicht in paranoide Fan-Threads einsteigen, die andeuten, dass der Film, der im Jahr 2000 gedreht wurde, die Katastrophe voraussagt (die gibt es wirklich). Uns geht es eher darum: „Donnie Darko“ feierte im Januar 2001 auf dem „Sundance Filmfestival“ Premiere (und verwirrte einen Großteil des Publikums). Der Kinostart in den USA hätte im Herbst sein sollen, wurde aber aufgrund von 9/11 verschoben, in Deutschland entfiel er ganz. Der Verleih wollte dem Publikum keinen Film zumuten, bei dem ein Flugzeugtriebwerk in Zeitlupe in ein Haus kracht und dabei gar eine Amerika-Flagge zerfetzt, die im Zimmer von Donnie hängt. Die US-Filmplakate setzten zudem auf einen Schriftzug, der an arabische Schriftzeichen erinnerte. In Deutschland entwickelte sich dadurch so eine Art verruchtes Grundrauschen, weil man schon damals hörte, der Film sei besonders und schlichtweg genial. Erst Ende 2002 erschien „Donnie Darko“ in Deutschland auf VHS und DVD und entwickelte sich schnell vom Geheimtipp zum Dauerbrenner – eben weil er einlöste, was erste Kritikerinnen und Kritiker in ihm gesehen hatten.
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Der Reiz des Mystischen
Zeitreisen, Literatur-Referenzen, Easter Eggs – und die sichtbare Einladung, eigene Antworten zu suchen, weil der Film sie nur bedingt liefern wird. So lässt sich ungefähr zusammenfassen, warum „Donnie Darko“ zu einem Phänomen wurde, das über die Jahre immer wieder zu neuen Entdeckungen und Interpretationen führte. Hier spürt man wieder den großen Einfluss eines David Lynch, aber auch Kellys Gespür für die perfekte Balance aus mystisch aufgeladenen Themen und einer Story, die Raum für Interpretationen lässt. Vor allem das Thema „Zeitreisen“ und die Theorien, die sich aus spirituellen und physikalischen Einflüssen speisen, machen dieses weite Welt auf. Kelly verzichtet dabei auf erklärbäriges Erzählen und hält die Zuschauerinnen und Zuschauer mit der Story und der Atmosphäre so im Bann, dass man, während der Film läuft, nie zu genau nach Logik-Stolperfallen sucht. Die Idee der Zeitschleife hat auch in den Jahren drauf immer wieder kreative Menschen fasziniert: Man denke nur an die Serie „Dark“ oder aber an den ersten Teil der tollen Game-Serie „Life Is Strange“, das wirklich sehr intensive Donnie Darko-Vibes ausstrahlt.
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Frank
Machen wir uns nix vor: Ohne den riesigen, furchteinflößenden, aber irgendwie auch gechillten Horror-Hasen Frank wäre der Film nur halb so gut. Seine Präsenz kriecht einem irgendwie unter die Haut – und dieses Kostüm-Gesicht kriegt man nie wieder aus dem Kopf. Auch wenn viele in Franks Charakter „Alice im Wunderland“-Einflüsse sahen, gab Kelly zu, dass er dabei eher an den Romanklassiker „Watership Down“ von Richard Adams und dessen Wildkaninchen-Personal gedacht hatte.
„Donnie Darko“ wird am 23. September restauriert und in 4K in Deutschland via Arthaus / Studiocanal in Deutschland wiederveröffentlicht. Digital, auf DVD sowie als 4K-UHD Limited Steelbook Edition. Die 4-Disc Limited Collectors Edition mit Digipak und zusätzlichen Goodies wird dabei ausschließlich über den Arthaus Shop erhältlich sein.