11 Dinge, die wir auf der 11. re:publica in Berlin gelernt haben


Wir haben uns vom 8. bis 10. Mai auf der re:publica in der Station Berlin herumgetrieben und nicht nur ganz viel Liebe, sondern auch so einige Aha-Momente und Fragen von der Konferenz zurück ins Büro gebracht.

Die elfte Ausgabe der Internet- und Digitalkonferenz re:publica startet genau 72 Jahre nach einem denkwürdigen Tag: dem Tag der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus. Weil die Allierten dem Zweiten Weltkrieg ein Ende setzten und Europa vom Faschismus befreiten, herrscht heutzutage Presse- und Meinungsfreiheit, heißt es bei der Eröffnung der Veranstaltung. Da diese Freiheit im Jahr 2017 durch Internet-Hass und -Trolle bedroht ist und bei weitem nicht in allen Ländern der Welt solch privilegierte Verhältnisse herrschen wie in Deutschland, setzt die re:publica 2017 ein Statement: „Love Out Loud“ heißt es dieses Jahr. Für mehr Liebe, mehr Dialog und Verständnis und weniger Hass im Internet.

1. „Hatespeech“ ist das neue Snapchat

Nicht falsch verstehen, aber während die Digitalgemeinde vergangenes Jahr den Sinn, Zweck und die Anwendung von Snapchat zu ergründen versuchte und das Ganze mal mehr, mal weniger humoristisch in die Vorträge einarbeitete, ging es dieses Jahr an die Mammutaufgabe, sich den Hatern im Netz zu stellen. Was uns sogleich zu Punkt zwei bringt:

2. Ein Patentrezept für Counterspeech gibt es nicht

Drei Tage lang waren wir auf der Suche nach einer Antwort: Wie bewältigt man den Hass, die Beleidigungen und Drohungen im Netz? Während manche Sessions eine Lösung auf spielerische Art und Weise transportieren wollten und die Grimme-Online-Award nominierte Aktion #Ichbinhier immer wieder erwähnt wurde, brauchte Laura Sophie Dornheim es in der Session namens „Geh sterben, du F*tze“ auf den Punkt: „Alles, nur nicht schweigen.“

https://twitter.com/Mohrenpost/status/862342408826126336

3. Liebe ist, wenn die Polizei Berlin mitmacht

Die hat sich nämlich von der Message der Eröffnung inspirieren lassen und setzte diesen Tweet ab:

https://twitter.com/polizeiberlin/status/861876202398724097

4. Rene Magritte funktioniert auch in der digitalen Welt

Trevor Paglen nutzte in seinem Vortrag „Your pictures are looking at you…“ ein Werk von Rene Magritte („Ceci n’est pas une pomme“), das schon zur Zeit des Malers für philosophische Denkanstöße sorgte, um die Wahrnehmung von Maschinen im Unterschied zur menschlichen Wahrnehmung herauszustellen. Spannend und irritierend zugleich.

https://twitter.com/ma_veen/status/862299430103502848

5. Sich unwohl zu fühlen ist auch mal okay

„Die Hälfte der Geräte in diesem Raum sind jetzt im Moment in irgendeiner Weise in [Cyber]-Kriegs- oder Sabotagehandlungen und Spamming auf der Welt involviert“, weiß der Kryptographie-Experte Paul Feigelfeld, der über „Deep Shit: Paradigms, Paranoia and Politics of Machine Intelligence“ sprach und unter anderem das Mirai-Botnetz erläuterte. Na toll.

6. Im Netz sind wir alle nackt

Svea Eckert und Andreas Dewes führen uns in „#NacktimNetz“ vor Augen, dass es nur vier Links aus einem Browser-Verlauf benötigt, um aus einer Millionen Menschen auf eine Einzelperson zu schließen und diese ausfindig zu machen. Was man dagegen tun kann? Leider nicht so viel.

Kein Wunder, dass während und nach der Session das Hashtag #NacktimNetz zum Trend auf Twitter wurde. Blöd nur, dass sich viele darunter etwas ganz anderes vorgestellt hatten. Hihi.

https://twitter.com/steffenvogel/status/862292628372697089

7. Wir arbeiten alle für Facebook. Kostenlos.

Durch munteres Liken, Teilen, Kommentieren und Hochladen auf Facebook erledigen wir Tag für Tag „kostenlose Arbeit“ für Facebook. Ein Projekt des SHARE Lab zeigt auf, wie Facebook-Algorithmen unsere persönliche Kommunikation, unser Verhalten und unsere Aktivitäten analysieren und weiterverarbeiten. Ohne dass wir etwas davon merken.

8. „ISIS“-Kämpfer sind auch nur Menschen

Peter Neumann erklärt in „Online Radicalisation – Myths and Reality“ wie die Terror-Organisation neue Anhänger, beispielsweise aus Europa, rekrutiert – nicht etwa durch die Nutzung von nicht einsehbaren Untergrund-Strukturen, sondern zunächst durch Webseiten und Foren und dann durch soziale Netzwerke und Messaging-Apps, die jedermann nutzt. Denn „die Geschichte der Radikalisierung ist auch die Geschichte des Internets“.

9. In drei Jahren haben wir uns alle lieb

Die re:publica hätte einst Trends gesetzt, schwärmt ein Besucher in einem Q&A mit den Veranstaltern. Und nun? Vor zwei Jahren, als die re:publica das Motto „Finding Europe“ trug, erschloss sich das übergeordnete Thema nicht allen Teilnehmern auf Anhieb. „Heutzutage würde mich aber keiner mehr fragen, was wir mit „Finding Europe“ meinten“, sagte Johnny Häusler, „und in drei Jahren haben hoffentlich alle das diesjährige Motto „Love Out Loud“ verinnerlicht und wir haben uns alle lieb.“

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10. Wo ist das Bildungstrinken hin?

Zugegeben, Bildung gab es auch dieses Jahr mehr als genug und Trinken natürlich auch. Aber kein Bildungstrinken? Wir waren etwas traurig.

https://twitter.com/tporwol/status/862322441712001024

11. Wir singen auch auf der re:publica 2018 „Bohemian Rhapsody“!

Die Tradition des gemeinsamen Singens zum Abschluss der Veranstaltung wäre aufgrund von Gegenstimmen beinahe gestorben. Daher wurde im elften Jahr der re:publica das Schwierigkeitslevel erhöht. Die Lead-Vocals von Freddie Mercury wurden entfernt, sodass alle gemeinsam, textsicher und laut mitsingen mussten. Das Experiment ist geglückt, die Tradition bleibt erhalten. Ach ja: Die re:publica 2018 findet vom 2. bis 4. Mai 2018 statt.

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Die meisten Sessions kann man in Live-Streams mitverfolgen oder nach der Veranstaltung auf YouTube einsehen. Weshalb dennoch rund 8000 Menschen wieder nach Berlin strömten? Networking! Das hat sich inzwischen auch unter den modernen Tieren herumgesprochen:

https://twitter.com/schmarsten/status/862338103696121857

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