Nelly Furtado ist auf ihrem neuen Album nur noch ein kleines bißchen Nelly Furtado und ein großes bißchen Hiphop-Queen.
Gewöhnungsbedürftig ist es, das dritte Album von Nelly Furtado. Man könnte auch sagen: Es klingt ein bißchen komisch. Und daß Nellys schöne Stimme irgendwie untergeht, sie ihren ureigenen Fluffipop geopfert hat und sich nun so anhört wie all die anderen Mädchen in den US-amerikanischen „Urban“-Charts. Falls man freilich Nelly Furtado persönlich ist, dann sagt man: „Ich weiß, daß ich mit dieser Platte viele Leute überrasche,manche vielleicht auch auf dem falschen Fuß erwische.“ Pause; ein kräftiges Lachen. „Aber genau so will ich das.“ Furtado, Mutter der zweieinhalbjährigen Nevis, Singlefrau ohne übermäßigen Durst auf eine feste Beziehung, lebt in Toronto, in dessen „Park Hyatt“-Hotel auch unser Interview stattfindet. Wenn sie lacht – was sie gern tut -wirkt dieses Lachen mitunter wie Gebrüll. Sie ist Kanadierin, ihre Eltern aber stammen von den portugiesischen Azoreninseln. Die Frau, 27 ist sie inzwischen, hat Temperament. „Ich wollte genau dieses Album machen, mit Beats, mit Rhythmen, fröhliche Songs zum Tanzen und Spaßhaben.“ Den hatte nicht zuletzt Nelly selbst, als sie in Miami gemeinsam mit dem Missy-Elliott-Stammproduzenten Tim „Timbaland“ Mosley die neuen Songs aufnahm. „Im Unterbewußtsein läuft ein Pfad für meine Laufbahn, ich folge immer meinem Herzen, und diese energiegeladene Platte wollte ich endlich rauskriegen aus meinem inneren System.“ Daß sie nun längerfristig zur Rapperin mutiert, bezweifelt sie; eher geht Nelly vom Gegenteil aus: „Als nächstes will ich ein richtiges Weltmusikalbum auf Portugiesisch und Spanisch machen. Mein Ziel ist es, so wandlungsfähig zu werden wie Madonna, Gloria Estefan oder Neil Young.“ Immerhin geschieht die vorübergehende Wandlung zur Beatmeisterin nicht aus komplett HEITEREM Himmel. Mit 14 verliebte sich Furtado in „den coolsten, drcadlockigsten Rapper“, den es in ihrem Geburtsdorf an der kanadischen Westküste gab, man hielt Händchen, und Nelly sang ein bißchen auf den Beats des Jungen, mit dem sie bis heute gut befreundet ist. „Ich glaube, mit LOOSE hole ich die Unbeschwertheit meiner Jugendnach. Nevis ist bald drei, ich kann endlich auch mal wieder abends weggehen und mich entspannen. Die Songs reflektieren das.“ Ein „Maneater“, wie ihre Single mit selbigem Titels suggeriert, sei die schöne Nelly hingegen nicht.., Um Gottes willen!“ Schepperndes Gelächter. „Manchmal wünsche ich mir, ich würde mehr von diesen leckeren Früchten naschen. Wir leben in einer Überflußkultur, auch die Zur-Spaß-Benutzung von Jungs ist Teil dieser Kultur. „Lachpause. „Sie war und ist allerdings nicht Teil MEINER Kultur.“
STEFFEN RÜTH >» www.nellyfurtado.com
