Ziggy Marley


Marley Lives“ -— das jedenfalls verkünden die Veranstalter eines Gedächtniskonzertes, das am zehnten Todestag des einstigen Reggae-Königs in Kingston über die Bühne geht. Die Art und Weise aber, wie an Bob Marley erinnert wird, läßt den verblichenen Rasta-Rebellen vermutlich im Grab rotieren. Schon die Eintrittspreise sind happig — die teuersten Tickets kosten etwa so viel, wie mancher Arbeiter auf Jamaika in einem ganzen Monat mit nach Hause bringt.

Die in Frack und Abendkleid gewandete jamaikanische Society ist denn auch im Ward-Theatre unter sich. Zusammen mit vereinzelten Jeans-Touristen feiert sie das Lebenswerk Marleys. das von vorwiegend lokalen Bands, Tanzgruppen und Orchestern interpretiert wird — eine späte Auszeichnung für den prominenten Bürger der Insel, der zu seinen Lebzeiten im jamaikanischen Radio kaum gespielt wurde und von den korrupten Politikern seines Heimatlandes nur dann zur Kenntnis aenommen wurde, wenn es kurzfristigen Wahlkampfzwecken diente.

Nach einem Gig des eigens aus London eingeflogenen Reggae Philharmonie Orchestras (das sein Gastspiel vor allem zur Promotion der eigenen LPs nutzt) und Auftritten von Rita Marley und Judy Movvatt steht dann endlich jener Musiker auf der Bühne, der — wenn es ihm selbst auch manchmal arg auf die Nerven geht — als der wahre Erbe Bob Marleys angesehen wird: sein Sohn David, besser bekannt unter dem Namen Ziggy.

Während sie auf ihrem aktuellen Album. JAHMEKYA. auch HipHop- und Rhythm n‘ Blues-Elemente verarbeiten, richten sich Ziggy und seine Band. The Melody Makers (die Marlcv-Geschwister Cedella, Sharon und Stephen sowie einige jamaikanische Veteranen), live ganz am väterlichen Vorbild aus. Das Ergebnis ist ein magischer Sound, zu dem man auch heute noch unwillkürlich das Becken kreisen läßt — egal, ob nun im Frack oder in zerrissenen Jeans.

Gegen Ende des Auftritts stellen Ziggy Marley und die Melody Makers im Ward Theatre der feinen Gesellschaft von Jamaika ihre neue Single vor. Der Sons; heißt „Small People“ und ist eigentlich ganz anderen Leuten gewidmet — den jamaikanischen Habenichtsen nämlich, die draußen vor den massiven Absperrungen der Polizei stehen und das Konzert zu Ehren ihres verstorbenen Helden gerade mal auf einer Videoleinwand mitverfolgen können.