Wintersleep


Es gibt ein Leben nach Rod Stewart: Eine der besten neuen Indiebands aus Kanada liefert den Beweis.

Es ist einigermaßen berauschend, wie sich über knapp vier verstörende Minuten der Song „Miasmal Smoke & The Yellow Bellied Freaks“ aufbaut: Eine gezupfte elektrische Gitarre führt mit viel Echo ganz sanft in den monumentalen letzten Titel des Albums WELCOME Tu THE N1GHT SKY, den die Band immer wieder selbstbewusst als Operier ihrer Konzerte spielt, bevor ein hoffnungslos verzerrtes Schlagzeug direkt in ein gewaltiges Break steuert. Als endlich – und keine Sekunde zu früh – Sänger Paul Murphy einsetzt und in poetischen, kryptischen Zeilen von sonderbaren, getriebenen Menschen erzählt, entwickelt diese bemerkenswerte kanadische Independent-Rock-Kapelle an allen Instrumenten eine Dringlichkeit, als gäbe es nur diesen einen einzigen Song auf der Welt. Diese achtminütige akustische Offenbarung ist ein dramaturgisches Meisterwerk und wie das nur bei einer brillant eingestellten Band möglich ist aus einem Jam entstanden. „Manchmal hörst du einen Ton auf einer Gitarre, und sofort funkt es – eine Idee folgt auf die nächste“, sagt Schlagzeuger Leol Campbell. „, Miasmal…‘ war so ein Fall das ist ganz plötzlich beim Herumprobieren und Improvisieren entstanden.“

Nichts an dieser Band ist vorhersehbar – auch nicht die Antwort auf die Frage, welche Musik Sänger Paul Murphy bewusst oder unbewusst beeinflusst haben könnte: „Es klingt sonderbar, aber ‚Rhythm of My Heart‘ von Rod Stewart bat mich m2 umgehauen, als ich klein war“, gestand 2003 er kürzlich in einem 2008 Interview. „leb hab geweint, als ich das zum ersten Mal gehört habe. Ich war wahrscheinlich voll 2009 auf Ritalin oder Hustensaft…“ Zum Glück hat sich Murphy inzwischen vom Musikgeschmack seiner Kindheit emanzipiert —und von dem seiner Eltern: Seine Mutter, die nachts heimlich Heiligenbilder in seinem Schlafzimmer aufstellte („Ich hab mich zu Tode erschreckt, wenn ich aufgewacht bin.“), hörte bevorzugt Boney M. Wintersleep spielen druckvollen, einfallsreichen und emotionalen Indierock, den sie bereits im Vorprogram m von Sonic Youth, Interpol und Beck live präsentiert haben.

CD im ME

Albumkritik Seite 90

www.wintersleep.com