Vom Affen geküsst: Arctic Monkeys


Manche Bands muss man eben live sehen, um richtig zu kapieren, was Sache ist.

Manchmal braucht die Liebe etwas länger. Sie wartet eben auf den richtigen Moment, in dem sie landen kann, vielleicht im richtigen Ambiente. Und wenn sich da nicht mal ein sonniger Nachmittag auf dem Open Air St. Gallen nachgerade anbietet. Ein wenig herumwandernd auf dem idyllischen Gelände zwischen bewaldeten Hangen und Plätscherfluss, hat man vorhin die alte Zuneigung für Wir sind Helden sich auffrischen gespürt, die vorne auf der Sitterbühne alte und neue Lieder spielten (ist da eigentlich gerade eine Art Backlash im Gange? Was das nun wieder soll…). Und ist jetzt genau in der gemütsmäßig angesmoothten Stimmung, geküsst zu werden, so rein musentechnisch – da kommen vier wack’re Prinzen aus dem Englischen herbeigeritten, um Herzen zu stehlen.

Nun gut, die Arctic Monkeys reiten nicht, sie latschen mehr so auf die Bühne, und sie :un einen Teufel, sich in irgendwelche anhimmelbaren Posen zu begeben – damit haben sie nichts am Hut, wie sie mit so einigem nichts am Hut haben. Als ernste, tendenziell mürrische junge Männer sind sie bekannt. No bullshit halt. Coole Säue. Und Kuss gibt’s auch keinen, dafür siebenfach gehärteten Stahl um die Ohren. Sie schnallen sich die Gitarren um, wortlos, reißen die erste supertight geschachtelte Riffkaskade von „Brainstorm“ an – und man steht belämmert da, wie der Typ, dem Zorro gerade mit ein paar flinken Degenwischern sein Z ins Hemd geschlitzt hat. Was geht’n mit denen‘.?

Waren die Performances bei der ersten Tour vor zwei Jahren noch hie und da auf wackligen Beinen gestanden, sind die Arctic Monkeys zu der spielerischen Souveränität und Meisterschaft herangereift, die es braucht für ihre Musik, diese tight gedrehten, verzwickt angeschnittenen Projektile von Rocksongs, die von schluffigem Indiegeschrammel so weit entfernt sind wie King Crimson von verkifftem Krautrock. Es ist die schiere elektrisierende Freude, wie abgefeimt diese vier Burschen aufspielen, wie sich hier Disziplin und Ungestüm, Präzision und Wucht, Konzentration und Leidenschaft die Hand geben. Alex Turner, leicht angeheisert (das gehört so), aber spot-on, bellt und trällert seine geschliffenen Texte über urbane Zwielichtigkeiten mit selbstbewusster Nonchalance daher, ist im Übrigen keineswegs zu ernst oder mürrisch, zwischendurch mal Hallo zu sagen und einen Witz zu reißen, und verzahnt seine Gitarre mit der von Jamie Cook. Drummer Matt Helders und Bassist Nick O‘ Malley legen den vertrackt gewebten, gern mal dubbig aufgefalteten Rhythmusteppich rein. Spätestens beim gewaltigen „If You Were There, Beware“ fliegt dem Rezensenten, der die Arctic Monkeys – jetzt kann ich’s ja sagen – bisher „nur“ ziemlich gut gefunden.hat, der Vogel raus. It’s luvv, y’know.

www.arcticmonkeys.com