Viertes Leben
Das legendäre Rocklexikon von Rororo erlebt eine weitere Neufassung.
Es ist ein wahrer Klassiker: Das „Rocklexikon“ aus dem Hause Rororo, 1973 erstmals erschienen, hat ganzen Generationen von Rockfans (und -kritikern) unschätzbare Dienste geleistet. Aber wie so viele Klassiker hat es mit den Jahren auch ein paar Probleme bekommen. Nicht das Geringste darunter: Die Zahl der relevanten Bands hat in den letzten zwei Jahrzehnten exponenziell zu-, deren durchschnittliche Halbwertszeit in ähnlichem Maße abgenommen. Da lässt sich das einst selbst gesteckte Ziel, „jeden relevanten Sektor der Rockmusik mit allen möglichen Stilvariationen im Biographie- oder Sachstichwortteil zu repräsentieren“, immer schwerer erreichen: Kam die einbändige Urausgabe noch mit 350 Seiten aus, so benötigten die Fassungen aus den 90er-Jahren schon je zwei Bände und 1048 bzw. 1231 Seiten Umfang – und dennoch hatten wichtige Acts wie die Manie Street Preachers oder Tortoise keine eigenen Biographieeinträge.Nun kommt das „Rocklexikon“ am 1. August erneut in einer weitgehend überarbeiteten und im Umfang nahezu verdoppelten zweibändigen Neuausgabe wieder auf den Markt.
Dass in Zeiten von Internet-Lexika und Online-Archiven, die im Gegensatz zu Büchern nicht durch feste Seitenumfänge eingeschränkt sind und ständig erweitert und aktualisiert werden können, ein Verlag anno 2008 wieder in ein aufwändiges Lexikonprojekt investiert, erstaunt. Siegfried Schmidt-Joos, „Erfinder“ des Rocklexikons und bis heute sein Chefautor, erklärt sich das stolz mit „der Qualität des Werkes“ und der „bisherigen Auflagenhöhe von rund einer halben Million“. Als potenzielle Käufer haben Rowohlt bzw. Schmidt-Joos „alle Leser von Rock-Monatsmagazinen“ im Visier. „Bei der Geburt des Rocklexikons 1973 lag die Schwierigkeit in der Recherche. Es gab vor uns so gut wie keine verlässlichen Informationen. Dieses Mal galt es, ein Überangebot von Informationen mit vielfach widersprüchlichen Urteilen zu griffigen, plausiblen und pointierten Geschichten einzudämpfen“, sagt Schmidt-Joos, der zudem darauf verweist, dass „annähernd die Hälfte der Einträge gänzlich neu“ sei.
In den 35 Jahren seit dem Erscheinen der Erstausgabe haben sich Sprache und methodisches Selbstverständnis nicht nur des Musikjournalismus, sondern des Journalismus insgesamt gewandelt. Ob Schmidt-Joos und seinem (nach dem 1994 gestorbenen Barry Graves und Bernward Halbscheffel bereits dritten) Co-Autor Wolf Kampmann in dieser Hinseht der Sprung ins Heute gelingt? Die Antwort gibt es in ME 9/2008.
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