Viel zu indie für Indie


Nach drei Jahren haben sich Blood Red Shoes dazu durchgerungen, ein Album aufzunehmen.

„Ich hasse den Begriff ,Indie‘. Den meisten Bands, die sich dieses Etikett verpassen, ist es wichtiger, cool zu sein, als gute Musik zu machen. Da geht’s doch nur um Mode und Wichtigtuerei. Fuck that.“ Die Empörung von Drummer/Sänger Steven Ansell, der mit Gitarristin/Sängerin Laura-Mary Carter das Duo Blood Red Shoes bildet, wäre noch überzeugender, würde seine Band mit dieser dogmatischen Abwehrhaltung nicht Indie-Attitüde par excellence demonstrieren; es hat wohl was mit der Begriffsdefinition zu tun. Fest steht: Obwohl die zwei aus Brighton von Anfang an von der (so genannten) Indie-Welle mitgespült wurden, grenzten sie sich bislang so gut es ging vom Hype ab. Zwar schmissen die Plattenfirmen seit Strokes & Co. mit Verträgen für Gitarrennachwuchs nur so um sich, doch die Blood Red Shoes warteten ab, veröffentlichten seit Ende 2004 nur EPs und 7-Inch-Singles bei verschiedenen Labels.

Ansell: ,Zum einen fanden wir kein Label, das uns überzeugen konnte. Zum anderen fühlten wir uns noch nicht bereit für ein Album. Es wäre ein Fehler gewesen, unsere Entwicklung zu einer Zeit festzuhalten, wo wir immer besser wurden und unser Sound Konturen erhielt. Wir wollten warten, bis wir reif genug waren, um nicht denselben Fehler zu machen wie viele junge Bands: die Ideen nicht zu Ende zu entwickeln.“ Anfang April erschien nun endlich das Debütalbum Box of secrets.

Wenn Steven Ansell mit dem „Indie“-Begriff nicht warm wird, dann erst recht nicht mit einem anderen naheliegenden Schlagwort: dem Vergleich mit den White Stripes. Verständlich, wenn man bedenkt, dass sich die einzige – zudem nur visuelle – Gemeinsamkeit am inzwischen ja quer durch die Genrepalette beliebten Männlein-Weiblein-Duo-Prinzip festmacht. Musikalisch tanzen die zwei Paare doch auf sehr verschiedenen Parketten. Denn was für die White Stripes der Blues ist, sind für Blood Red Shoes Grunge und Punk: der Boden, in dem sie verwurzelt sind und aus dem sie die Inspiration für ihren Sound saugen. Und dann ist da noch die kreative Arbeitsteilung innerhalb der Bands: Während bei den White Stripes Meg neben dem dominierenden Jack bestenfalls die Schnürsenkel bildet, sind Blood Red Shoes ein demokratisch organisiertes und gleichberechtigtes Duo, das sich die Songideen zuspielt. „Die Energie aus der zwischenmenschlichen Intensität, die bei einer Zweierband entsteht, muss man in die Musik einfließen lassen, anstatt sie zu stauen „, sagt Ansell. „Für uns ist das der Ursprung der Kreativität.“ >»www.bloodredshoes.co.uk>» Albumkritik ME 4/08