Verdeckte Ermittlungen
Tom & Jerry, Nu Era, Tek 9 und Jacobs Optical Stairway - bekannte Namen in Drum 'n' Bass, hinter denen sich Mark Mac und Dego McFarlane verbergen. Jetzt kommen sie uns als 4 Hero.
Vorurteile sind gefährlich, manchmal aber auch berechtigt. Wer zum Beispiel behaupten würde, daß Drum ’n‘ Bass ein homogenes Genre bilden, in dem englische Egomanen gleichförmige Musik erstellen, bekäme die volle Zustimmung von Mark Mac und Dego McFarlane. Gleichzeitig sind die Männer von 4 Hero der lebendige Gegenbeweis. Was damit zusammenhängen mag, daß sie sich trotz ihrer Musik keineswegs als Drum ’n‘ Bass-Act verstehen. Und das zu Recht. Denn 4 Hero – der erfolgreichste von vielen Projektnamen, unter dem die beiden Briten produzieren – ist zwar dem gebrochenen Beat verpflichtet, abe doch nur eines ihrer zahlreichen Pseudonyme: Tom & Jerry, Nu Era, Tek 9 oder Jacobs Optical Stairway stehen für alle Arten elektronischer Musik in ihrer besten Form.
Seit Ende der 80er treiben die Londoner Labelbesitzer und Workaholics die Clubkultur an allen Fronten weiter, kombinieren, blicken voran und bringen eine Wärme in die Loop & Sample-Musik, die in Ermangelung besserer Worte nach wie vor nur als Funk oder Soul bezeichnet werden kann. Bislang eindrucksvollster Beweis ihres Könnens-und das einzige Stück, mit dem sie der Roni Size/Reprazent-Posse bisher Paroli bieten konnten ist „Loveless“, bei dem sich Stimme, akustischer Bass und Breakbeat herzerweichend umarmen. Nun endlich kommt das Album zur Single, und es ist ein zärtlicher Reigen aus Sentiment und Seele geworden. Zumindest der erste Teil. Auf CD zwei des „Two Pages“ betitelten musikalischen Manifests brettern Mac und McFarlane dagegen dermaßen spartanisch-technoid, daß allen Acid-Jazzern das Blut gefrieren dürfte.
„Two Pages“, das steht nun aber nicht für die beiden Musiker, sondern für die zwei Seiten ihrer weiten musikalischen Welt, die (außer Rock) alles von den 6oern bis zur Gegenwart umfaßt. Was natürlich auch irgendwie Drum ’n’Bass oder Breakbeat beinhaltet. Schließlich haben sie mit Reinforced, ihrem eigenen Label, schon 130 Veröffentlichungen dieser Musikform zu verantworten. Angesichts dieser Freiheit sind Mac und McFarlane für keine Kompromisse zu haben, was schon zu einigen Brüchen mit der Industrie geführt hat. Auch der neue Deal mit Talkin‘ Loud ist nicht das Gelbe vom Ei: „Aber das Wichtigste ist, daß wir ein Album machen konnten, das wir sonst nie hätten aufnehmen können. Wir hatten ein Budget, von dem wir sonst nur träumen konnten“, so McFarlane. Geld, welches direkt in die vielen Instrumentalisten floß, die „Page One“ zu einer jazzigen Erfahrung gemacht haben. Was Mac ganz recht ist, denn „sonst wäre das Album über die Köpfe der Leute hinweggeflogen – wie so viele andere Sachen, die wir gemacht haben.“