Turn into …. Pop?
Ein Raunen ging durch die Reihen der Hipster und allzu neugierigen Musikliebhaber, als IT’S BLITZ, das dritte Album der Ycah Yeah Yeahs, vor einigen Wochen ins Internet leakte.
„Das klingt ja wie Madonna!“, entrüstete sich ein Blogger. Einen Fan trieb der erste Eindruck gar zu folgender Botschaft: „Ich weiß nicht, ob das noch die Band ist, in die ich mich verliebt habe.“ Gegen den rohen LoFi-Punk von FEVER TO TEIL und dem Noise-Folk von SHOW YOI ; K HON ES wirkt IT’S II1.ITZ tatsächlich wie ein Popalbum, das von Timbaland oder Stuart Price produziert sein könnte. Da interessiert es im Gespräch mit Karen O (bürgerlich: Karen Lee Orzolek) vor allem, wieso dieser Wandel vollzogen wurde.
Das neue Album ist wesentlich zugänglicher als die Vorgängeralben. Wie kommt das? Karen O: Wir sind nicht mit dem Anspruch daran gegangen, ein Dance-Album aufzunehmen. „Zero“, der Opener, ist beim Jammen entstanden: Nick (Zinner, Gitarrist, Multiinstrumentahst -Anm. d. Red.) hat Synthesizer gespielt, Brian (Chase, Schlagzeug) und ich haben improvisiert, und auf einmal befanden wir uns in einem Dancesong. Aber er hat funktioniert und sich toll angehört. Und er hat die Richtung fürs ganze Album vorgegeben.
Eure Studioalben sind sehr unterschiedlich, sowohl im Sound wie auch in der Atmosphäre und Ästhetik. Wie bewusst geschehen diese Stilund Stimmungswechsel?
Mit SUD* VOliR [JONES wollten wir definitiv etwas anderes machen als nur „FeverTo Teil 2“. Diesmal haben wir es etwas lockerer angehen lassen, dabei hat sich dieser Dancesound ergeben. Aber das liegt natürlich auch an uns. Als wir FEVER TO TELI. aufgenommen haben, waren wir in unseren 20ern … wie das halt mit 20 ist (lacht). Mir ist es aber sehr wichtig, dass sich hinter dem glatten Sound und den elektronischen Spielereien immer noch ein Punkalbum versteckt.
Und doch habt ihr auf das charakteristische Spiel von Nick verzichtet, der als einer der besten Gitarristen seiner Generation gilt…
Nick hat begonnen, sich für Synthesizer zu interessieren, als Dave (David Andrew Sitek, Mitglied von TV On The Radio und Produzent von ITS HUT/.) ihm ihr Album »EAR SCIENCE vorgespielt hatte. Er war begeistert von dem Klang und der Atmosphäre und fing an, mit Keyboards zu experimentieren, um einen ähnlichen Wall of Sound zu kreieren. Und manches, was sich auf dem Album wie ein Keyboard anhört, ist in Wirklichkeit eine Gitarre. Nick experimentiert nur eben sehr mit den Pedalen. Die Veröffentlichung war ursprünglich für Mitte April geplant, aber das Album stand schon Ende Februar im Netz, was dazu führte, dass ITS BLITZ nun früher verkauft wird. Wie hast du erfahren, dass es geleakt ist? Nick rief mich aus einem Club an und brüllte: „Die haben ,Zero‘, die spielen unseren Song!“ Ein paar Tage später habe ich eine SMS von meinem Freund Bradford Cox, dem Sänger von Deerhunter, bekommen: „Honcy, dein Album ist geleakt! “ (lacht) Es war schon ein komisches Gefühl. Zu dem Zeitpunkt sollte das Album noch niemand hören. Wir wollten eine gewisse Spannung aufbauen. Jetzt wollen unsere Fans das Album möglichst schnell live hören, aber für einige der Lieder haben wir noch gar kein Konzept ausgearbeitet. Die Ycah Yeah Yeahs bekommen das bestimmt noch rechtzeitig hin. Und woran es an der handwerklichen Umsetzung der Songs noch fehlen könnte, machen sie ohnehin durch ihre Liveshow wett. Es ist vor allem die Bühnenpräsenz der 30-jährigen Sängerin, die Auftritte dieser Band so einmalig macht. In ausgefallenen Kostümen, die Modedesignerin Christian Joy entwirft, tobt Karen O über d ie Bü !i ne, wird mit dem Stage-Equipment intim, spuckt Wasserund Obst. Darauf angesprochen, sagt sie: „Ich bekomme immer einen Schreck, wenn ich Aufzeichnungen unserer Konzerte sehe.“ Aber es ist genau dieses Auftreten, das die Band aus den kleinen Clubs in die großen Hallen katapultierte. Kollege Albert Koch schrieb schon 2004 in einer Konzertkritik: „Karen O ist zu einer Kunstfigur geworden, ähnlich wie Marilyn Manson.“
Wie gehst du mit diesem Status als Kult- und Kunstfigur, als Sexsymbol um? Ich versuche, es möglichst weit von meinem Bewusstsein fernzuhalten. Als wir die Yeah Yeah Yeahs gründeten, fand ich die Idee, dass sich Karen O eines Tages zu einer Kunstfigur und Ikone entwickeln könnte, spannend und wollte damit spielen. Mittlerweile hat sich das verselbstständigt. Ich bin neben all dem aber ein ganz normaler Mensch. Du hast kürzlich in einem Interview erwähnt, dass die Yeah Yeah Yeahs sich „im Herbst ihrer Rockstar-Karriere“ befinden. Könntest du das erläutern? Na ja, nimm eine Band wie U2, die über Jahre hinweg Musik machen. Sie werden älter, ihre Fanbase größer, die Musik verändert sich, aber irgendwann sind sie alt, ihre Musik wiederholt sich, und sie verlieren an Bedeutung und Relevanz. Die Yeah Yeah Yeahs gibt es jetzt schon neun Jahre, das ist sehr lange. Das soll ]etzt natürlich nicht heißen, dass wir uns auflösen. Ich will einfach nicht, dass wir langweilig werden. Mal sehen, wie unser nächstes Album wird. Die Gefahr künstlerischen Stillstands besteht für Karen wohl nicht, denn auch neben den Yeah Yeah Yeahs ist sie sehr kreativ. Sie arbeitet an einem Soloprojekt und führt zusammen mit ihrem Partner Barnaby Clay unter dem Pseudonym Kids with Canes Regie bei unterschiedlichen Musikvideos (u.a. für die Liars und Foetus). Sie sagt: “ Kunst ist ein so großer Teil meines Lebens, ganz egal, was passiert, ich werde immer etwas erschaffen. Ich könnte ohne Kunst gar nicht leben.“
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