Tricky
Für Tricky ist sein eigener Erfolg ein einziges Rätsel. „Ich werde das wohl nie richtig begreifen“, wundert er sich und fügt fast unschuldig hinzu: „Ich mache doch gar keine Hits.“ Etwas von dem Erstaunen über die unterschiedliche Wahrnehmung seiner Person im Laufe der letzten Jahre steckt wohl auch in der Textzeile „They used to call me Tricky Kid/I lived the life they wished they did/I lived the life don’t own a car/now they call me Superstar“, die Tricky auf seiner Single ‚Tricky Kid‘ ständig mit kratziger Stimme herunternölt. Doch so schwer ist die Beachtung, die Trickys letztjährigem Debüt ‚Maxinquaye‘ gezollt wurde, nun auch wieder nicht zu verstehen. Vorbereitet durch Massive Attacks ‚Protection‘, auf der auch Tricky zu hören war, galt der kauzige Typ aus Bristol für viele als die abgefahrenere Trip-Hop-Alternative. Doch schon nach einmaligem Hören von ‚Maxinquaye‘ hätte eigentlich klar sein dürfen, daß Adrian Thwas (so Trickys bürgerlicher Name) in seinem eigenem Universum Musik machte, und daß seine Metal-Version von Public Enemys ‚Black Steel‘ in etwa genauso viel mit anderen Bristol-Acts gemeinsam hatte, wie Trickys Lieblings-Band Danzig mit den Shakespear’s Sister (die er ebenfalls sampelte). Kein allzu großes Wunder also, wenn Tricky sagt, er habe es als die größte Beleidigung seines Lebens empfunden, als ihm einmal jemand sagte, er klinge wie Portishead. Solcherlei Kommentare dürften infolge der Veröffentlichung des neuen Albums ‚Pre-Millenium Tension‘ rarer geworden sei. Wo einzelne Stücke seiner Debüt-LP durchaus noch poppig und radiotauglich klangen, knarzt und scheppert es auf seinem zweiten regulärem Album monoton-ruppig vor sich hin. Wie sich jetzt zeigt, war Trickys Projekt Nearly God kein experimentelles Zwischenwerk, sondern die durchaus logische Überleitung zu ‚Pre-Millenium Tension‘. „Ich mache Musik als eine Entschuldigung nicht zu arbeiten“, umschreibt Tricky seine privilegierte Position, machen zu können, wozu er Lust hat. Eine Plattenfirma reicht für Trickys Output schon seit geraumer Zeit nicht mehr aus. Sein nächstes Album, das auf seinem eigenen Label Durban Poison erscheinen soll, ist bereits seit Monaten fertig, auf dem HipHop-Label Priority hat er eine EP veröffentlicht und für Grace Jones nächstes Album drei Songs produziert. Was den Hörern seiner Musik bislang weitestgehend verborgen blieb, ist der ironische Aspekt in seinen scheinbar morbiden Stücken. „Manchmal muß ich mich schon sehr wundern, daß die Leute meine Sachen so ernst nehmen“, gesteht Tricky. „Es gibt Momente, da denke ich mir ‚Come on, das ist so offensichtlich, die Leute müssen einfach merken, daß ich sie verarsche‘. Aber ich genieße das. Es macht Spaß mit anderer Leute Köpfe zu ficken.“ Live konnten Zuschauer den Eindruck gewinnen, als würde sich Tricky von Konzert zu Konzert weniger darum scheren, was sein Publikum von ihm erwartet. „Ich mache mir wirklich nicht allzuviele Gedanken, was das Publikum von meinen Auftritten hält“, gibt Tricky unumwunden zu. Das hat immerhin den Vorteil, daß man bei Trickys Live-Sets immer wieder Überraschungen erleben kann – von dunklen Bühnen bis hin zu nie gehörten Songs. Auch eine feste Tracklist existiert laut Tricky nicht. „Ich übe nie besonders viel und spiele das, worauf ich gerade Lust habe. Auch wenn das meine Band und das Publikum manchmal irritieren mag.“