Townes van Zandt


Zunächst eine Stimmung, als sei man auf einem Treffen der anonymen Melancholiker. 300 Gestalten drängen sich an diesem kalten, windigen Abend in den schmalen ‚Konzert-Saal‘. Darunter viele Veteranen, die van Zandts wechselvolle Karriere mindestens schon seit 15 Jahren verfolgen. Aber auch viele Neo-Folkies, wie zahlreiche junge Mädels, die erleben möchten, wieviel Persönlichkeit und Intimität ein von Sufflegenden umwitterter, 50 Jahre alter Überlebender des Folkblues noch auf der Bühne zelebrieren kann. Dort steht nur der Mann mit seiner Gitarre. Das heißt: Zuhören statt Mitgehen. Doch Townes van Zandt ist, zumindest im ersten Teil des Sets, gelöster, schon fast heiterer Stimmung. Er spielt zahlreiche Songs seines aktuellen Albums ‚No Deeper Blue‘, moderiert jeden Song mit erstaunlich viel Charme und Humor an, erzählt erstklassige Säuferwitze und bricht.

bisweilen mitten in einer Songzeile, in übermütiges Kichern aus. Er, der als Singer/Songwriter nie das große Geld gesehen hat, erzielt mit der als Running Gag eingestreuten Bemerkung, er schreibe seine Songs ohnehin „only for the money“, beim Publikum immer wieder Lacherfolge. Dabei zeugen sein Blues’n’Booze-gegerbtes Gesicht (umrahmt von grauen Strähnen) und seine spindeldürre, ausgemergelte Gestalt, die van Zandt an diesem Abend in ein beigefarbenes Flanellhemd, Röhrenjeans und Cowboystiefel gesteckt hat, eher von schweren Zeiten. Im zweiten Teil des Sets nimmt der Anteil der Balladen denn auch deutlich zu, Songs wie ‚The Hole‘ und ‚Marie‘, die van Zandt mit brüchiger Stimme vorträgt. Dennoch: Wer eine Überdosis Depression erwartet hatte, wird an diesem Abend durch einen eher aufgeräumten Townes van Zandt angenehm überrascht.