Tin Machine


You belong in rock ’n roll“, behauptet David Bowie auf der neuen Tin Machine-LP — und fügt gleich noch hinzu: „And so do l. “ Als ob diese Versicherung nötig gewesen wäre. Ohne Paradiesvögel wie ihn wäre der Rock ’n‘ Roll natürlich um einiges ärmer: andererseits wirkt Bowies Bemühen, mit demonstrativen Dissonanzen die Brücken zur Vergangenheit abzubrechen, fast schon wie Altersstarrsinn.

Normalerweise ist ja nichts daran auszusetzen, wenn eine Band aus vier gleichermaßen exzellenten Musikern besteht, von denen einer phantastisch Schlagzeug spielt, einer recht vernünftig singt, der dritte einen groovenden Baß zupft und der vierte eine herrlich kreischende Gitarre. Wenn aber jeder dieser Vier meint, ständig die Primadonna raushängen lassen zu müssen, macht’s das schwer erträglich.

Gleich nach der lapidaren Ansage „We’re Tin Machine“ legen die Vier geräuschvoll mit einem völlig umgekrempelten Bowie-Klassiker los („Under The Gun“). Auch die folgenden Titel von der neuen Platte („Goodbye Mr. Ed“ und „You Belong in Rock ’n‘ Roll“) klingen merkwürdig verunstaltet. Erst wenn sich das Ohr langsam an die überdimensionierte Lautstärke gewöhnt hat. merkt man, warum die Nummern so schwammig klingen: Jeder der Protagonisten drängelt sich permanent in den Vordergrund, keiner hat auf diese Weise Gelegenheit, einer Nummer wirklich Akzente mitzugeben.

Einziges Highlight des ganzen Konzerts: die a-capella begonnene Version von „Stateside“: Drummer Hunt Sales hat eine traumhafte Bluesstimme, die er sparsam mit erlesenen Trommelschlägen untermalt. Erst gegen Ende der Nummer stößt Reeves Gabrels mit einer kreischenden Blues-Gitarre dazu — nicht ohne Grund der einzige Song, der die ganze Halle in Begeisterung versetzt. Gleich nach „Stateside“ versinkt Tin Machine jedoch wieder im vorherigen Gekreische mit Klirrfaktor 12.

Der müde Applaus überzeugt Bowie & Co. offensichtlich schnell, daß man mit Zugaben eher sparsam umgehen kann: Zweimal lassen sich die Herren für je eine Nummer bitten, dann ist endgültig Schluß.

Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack (Hatten die Jungs nicht mit der Platte gezeigt, daß sie’s auch besser können?) und immer wieder der Gedanke an Grölemeyers „Was soll das?“