The Wonderstuff


Mein Gott, was ist bloß passiert? 20.000 Menschen, überwiegend zwischen zarten 12 und 20 Lenzen, 20.000 Kids also kreischen und hopsen im strömenden Regen, werfen die Arme hoch, singen Songs Zeile für Zeile mit — und wir sind nicht bei New Kids On The Block!

Vielleicht war es der Rave, der Englands grooveseliger Jugend den geliebten Dance-Beat zwar nicht entzog, dafür aber Gitarren wieder fashionable machte: Jedenfalls sind The Wonderstuff auf dem besten Weg, eine wirklich große Band zu werden. Mit ihrer erfolgreichen dritten LP „Never Loved Elvis“ im Rücken spielen die Fünf aus Wolverhampton trotz ständiger technischer Probleme ein Klassekonzert. Die gutgelaunte Mixtur aus schrägem Wave, Rockabilly, schottischem Folk und 70er Pop läßt sich bestens auf die Bühne übertragen, wenngleich einige Songs halbfertig wirken und bei so viel Power und Jubelrefrains eine Ballade zwischendurch gut getan hätte. Trotzdem, Kompliment: Die meisten Songs übertreffen die Studioversion. Wenn sich bei „Inertia“ etwa die Fiddle-Linien von Martin Bell wild überschlagen, Martin Gilles trommelt wie ein epileptischer Schaufelbagger und Miles Hunt dazu gitarreschwingend seine Refrains in den Regen johlt, dann entsteht eine Magie, der man sich kaum entziehen kann.

Überhaupt, Miles Hunt: Zwar ist der Rest der Band präsent und spielt gut, aber im Mittelpunkt steht er. Hat keine große Stimme, dafür viel Charisma, kann keinen halben Satz sagen, ohne mindestens ein „fuck“ einzubauen, übt Spurts auf der Stelle und wirkt in Schottenkaro-Bermudas und mit großen Gesten wie eine Mischung aus Jim Kerr und verspätetem Bay City Roller. Dabei ist er selbst bei den elegischsten Refrains nie pathetisch: Wo die Hothouse Flowers brüderlich lächeln, wird bei Wonderstuff bloß gegrinst, und wo einem die Simple Minds die Segenshand reichen, kriegt man bei Wonderstuff bloß den mittleren Finger.