The Singles


Mit nur zwei EPs (im Gepäck/auf der Habenseite/auf dem Konto – Unzutreffendes bitte streichen) haben sich die beiden Kanadier Azari & III den Ruf als hottest shit im breiten Feld des revivalisierenden Techno-House-Elektro geschaffen. Aber es wird noch besser: Bevor im Januar ihr Album auf dem Label ihres Landsmanns Tiga erscheint, gibt es die „Indigo EP“ (Turbo Recordings). Der Titeltrack legt alle möglichen Weirdigkeiten von den Endachtzigern bis zu den Mittneunzigern unter einen Four-to-the-floor-Beat. Die B-Seite „The Worker“ ist ein astreiner Old-School-Techno-Smasher.

Unsere Freunde von Booka Shade. Ihr „Teenage Spaceman“ (Get Physical) wird im eigenen „Booka In Space Mix“ zu einem zehnminütigen, hypnotischen psychedelischen Techno-Trip. Das britische Produzentenwunderkind Sei A gibt in seinen beiden Remixen mehr Bass und mehr Synth drauf. Und Tim Deluxe, dem wir großartige Remixe von Nirvana– und AC/DC-Klassikern zu verdanken haben, macht in seinem „Future Disco Remix“ einen auf repetetiv-galoppierende Giorgio-Moroder-Beats.

Man darf sich mit Recht fragen, was das britische House-Techno-Hip-Hop-Verwurster-Duo The Count And Sinden mit der zuletzt wenig zielgerichteten Indie-Band Mystery Jets zu schaffen hat. Rausgekommen ist dabei die Single „After Dark“ (Domino/Good To Go). Das ist dann wider Erwarten im Original ein gar nicht mal so unohrwurmiger Song (ja, Song!) zwischen Rave, Funk und karibischen Einflüssen. Den Rest besorgen dann die Remixer, etwa Buraka Som Sistema, schön subsonisch und perkussiv.

Billy Mackenzie, 1997 im Alter von 39 Jahren freiwillig aus dem Leben geschieden, war der Sänger der schottischen Punkband Associates. Die Single „Return To Love“ (Destination Pop) von Billy Mackenzie & Steve Aungle fördert ein bislang unveröffentlichtes Demo zutage. Das hat der Associates-Mann mit Steve Aungle, seinem musikalischen Hauptpartner in den Neunzigern, aufgenommen: ätherischer und synthesizergrundierter Dreampop, über dem gänsehauterzeugend die hohe Stimme Mackenzies gelegt ist. Die zweite Seven-Inch des Berliner Vinyl-Only-Labels Destination Pop kommt in einem liebevoll designten Cover des Grafikers Klaus Callas.

Auf nichts ist mehr Verlass. Heutzutage ist die Beteiligung von Bands an Soundtracks zu zweifelhaften Filmen leider kein eindeutiges Indiz mehr dafür, dass die Musiker dieser Bands noch alle Tassen im Schrank haben. So werden die Soundtracks zu den komischen Filmen der „Twilight“-Serie fast durchwegs von okayen Bands bestritten. Zum Beispiel von Metric für „Eclipse – Biss zum Abendrot“. „Eclipse (All Yours)“ (Warner) ist ein schön-breitwandiger Indie-Song mit Elektro-Einfluss und Emily Haines, die mit ihrer Stimme auf kleines Mädchen macht. Komm du mir mal nach Hause.

Das wird mutmaßlich ein fürchterliches Namedropping werden, in dessen Mittelpunkt Robag Wruhme steht, Wighnomy Brothers-Bruder, DJ und Besitzer des Labels, auf dem dieser Tonträger erscheint. Wruhme hat „The White Flash“ (Freude am Tanzen) von Modeselektor Featuring Thom Yorke remixed. Der Mix heißt „Robag Wruhmes Assdonk Rekksmi“ und legt ein paar hübsche ätherische Schlieren über den clicks-und-cuttigen Originaltrack. Die Sensation aber folgt auf der B-Seite der zwölf-Zoll-Schallplatte. Dort gibt es nach Jahren der Vergriffenheit das legendäre „Katzegeil“ von Robag Wruhme Featuring Helge Schneider, Rocko Schamoni, Lenja, Fina & Dorle. Ein dadaistischer Song, der swingt wie Hölle und sich durch seinen hohen Anteil an Assoziativlyrik auszeichnet, die im Zusammenhang mit dem Adjektiv geil steht.

Wahrscheinlich verfügen auch Simian Mobile Disco nicht mehr über alle Tassen in ihrem Schrank. Die haben ein Label namens „Delicacies“ gegründet, auf dem eine Serie von 12-Inches veröffentlicht wird, deren Tracks Namen von exotischen Delikatessen aus aller Welt tragen. Auf Teil zwei geht es um „Casa Marzu/Thousand Year Egg“ (Delicacies). Zum Glück klingen die Tracks nicht nach überreifem von Maden befallenen Käse, sondern nach einem unter dem Einfluss von allen möglichen unters Betäubungsmittelgesetz fallenden Substanzen entstandenen Tech-House-Wahnsinn, der sich trotz seiner – nennen wir es – Exzentrik locker auf die Tanzfläche traut.

Wenn bei Young Rebel Set mal nicht Libertines-Träume wahr werden, weiß ich auch nicht. Die Mini-LP „Young Rebel Set“ (Grand Hotel Van Cleef/Indigo) enthält acht Songs der ersten drei Singles der sieben Briten. Das ist klassischer Britrock, der vom klassischen Britfolk der 60er-Jahre beeinflusst wird. Und Songs, Songs können die auch noch schreiben. Wie diese alkoholisierten Akustik-Shanties der Band, in der einst Pete Doherty und Carl Barât gemeinsam spielten. Und ein verstecktes Cover von „Like A Rolling Stone“ ist auch dabei.