The Singles
Zitat Anfang: „Unermüdlich war Ronny Becker einige Zeit im Studio und präsentiert nun seine neuste Nummer,Ein Blick in Deine Augen'(Zyx). Eine wahrhaftig packende Nummer im knackigen Dancefoxryhthmus. Der frische und sympatische Blonde Sänger aus der Nähe uon Bremen wird mit diesem Ohrwurm seinem erfolgversprechenden Kurs weiter verfolgen. Mit diesem heissen Titel wird Ronny Becker direkt in die Augeen jedes DJ’s blicken. Der Mann hinter dem Plattenteller weiss genau, mit diesem Titel macht er den Gästen eine Freude und verzaubert sein Lokal und Hörer zu einem Hexenkessel“
Zitat Ende.
Und jetzt zu etwas völlig anderem. „Jack Your Body von Steve „Silk Hurleywarvor genau 20 Jahren ein Chicago-House-Knaller, der es damals sogar auf Platz 1 der amerikanischen Dance-Charts geschafft hat. letzt nehmen sich Jamie Anderson &lesse Rose, zwei legendäre britische DJs, die schon unter dem Projektnamen SeventhChord ihr Unwesen getrieben haben, dieses Tracks an. „Jack YourBody(Body Jackin‘) (InternationalDeejay Gigolo Records/Rough Trade) ist im „Original“ ein Electro-Update des Tracks, der „Dub“ macht den Track noch eine Spur zwingender.
Neulich stellt ein langjähriger und legendärer Rezensionsautor mit einem Faible für Musik aus Kanada in einer E-Mail die (wahrscheinlich rhetorisch gemeinte) Frage: „Gibt es überhaupt schlechte Kanadier?“ CeWneDion ist mir sofort eingefallen. Die Mannequin sind auch Kanadier und schleppen zwei vorurteilsfördernde Negativpunkte in ihrer Biografie herum: Sie sind 1) Freunde von Billy Talent und waren 2) im vergangenen Jahr mit CunsN’Roses in Kanada auf Tour. Trotzdem hat ihre EP.HowTo Kill“ (Warner) was -zum Beispiel das knackig-rumpelnde Flair von goer-Jahrefemalefronted Alternative-Rock-Bands. Und die Produktionskünste von MSTRKRFT. Die Mannequin ist also mehr Indie als Emo. Aber: Muss das nicht Das Mannequin heißen? Fragen wir am besten Ronny Becker.
In der internationalen Tanzmusik gibtes zwei Arten von Produzenten und DJs mit einer Affinität zu den goer-Jahren. Die einen sind wieder in den goern angekommen (das sind die coolen Säue), und die anderen waren nie weg (das sind die nicht ganz so coolen Säue). Leider. DJ Vadim zum Beispiel. „Like The Wind“ (BBE/Rough Trade) ist ein mit arabischen Sounds ornamentierter HipHop-Track.derdann vollmundig als die Zukunft von irgendwas angepriesen wird, aber in Wirklichkeit nicht einmal die Vergangenheit von irgendwas anderem ist.
Jetzt müssen die Dänen auch noch anfangen mit britisch klingendem Neo-Wavepoppigem Indie-Rock. Sollen sie ruhig machen, denn das, was Düne‘ auf ihrer EP „Bloodlines“ (Columbia/Red Ink/Rough Trade) bieten, passt schon so: hektischer Dancefloor-affinerElectro-Rock, derein bisschen wie die alten The Rapture ohne zu viele Drogen oder wie The Bravery mit ein bisschen mehr Drogen klingt. Und bei „Robot Beat“ handelt es sich um einen nahzukünftigen Hit in der Indie-Disco.
Von Rechts wegen sind Cym Class Heroes aus New York well respected Vertreter des Underground-HipHop. Mit“.Cupid’sChokehold(Cirlfriend)“ (Warner) tragen sie allerdings nicht unwesentlich zur Bildung der Legende von der Wiederkehr des Soft Rock bei. In diesem harmlosen Track darf nämlich Fall-Out-Boy-Mann Patrick Stumpein paar Zeilen aus Supertramps,,Breakfast In America“ singen:., Take alookatmy girlfriend. She’sthe only one I got“ Ein Emo- Sänger rezitiert Supertrampin einem Kinder-HipHop-Track einer Underground-HipHop-Band. Na servus, so weit ist es gekommen im Pop. Die B-Seite „Cata pult Com plex By Bern le Allen“ macht dann wieder alles richtig: ultrareduzierter Hip-Hop mit zischelnden Beats.
Bleiben wir noch kurz bei Schustern, die nicht bei ihren Leisten, äh, bleiben. Die Single. .Whenl Was Young“ (Festplatten/Kompakt) von K_Chico klingt wie der frühe Folk-Blues von John Lee Hooker, der sich im Innenleben des Laptops verheddert hat und beim Versuch, sich zu befreien, zu einer psychedelischen Fantasie samt magenunfreundlicher Bassline und 7Oer-Jahre-Blues-Citarrensolo verwandelt. „Hot Damn (Feat. Namosh)“ ist dann gehetzter Minimal-Funk, bei dem Supermax nicht weit ist. Supermax kommt wieder, keine Frage.
Wo wir gerade bei der Wiederkehr des Soft Rock waren, trifft es sich gut. dass es sich bei der nächsten Single auf dem Stapel um „Horse With No Name“ (International Deejay Cigolo Records/Rough Trade) von Seelenluft handelt. Der Schweizer Produzent Beat Soler covert den schluffigen, eierlosen Song der Band America aus dem Jahr 1971 fast eins zu eins und lässt ihn vom österreichischen Smger/Songwriter Florian Horwarth singen. Wirsind ratlos, drehen die 12-lnch um und hören uns.,An Ape Called Bob“an, einen oldschooligen Electro-Track. Und dann ist die Welt wieder in Ordnung. Oder vielleicht doch noch einmal „Horse With No Name“ hören?
Bei To My Boy handelt es sich um Jack Snape und Sam White aus Liverpool und Sheffield, also aus zwei der indiesten Städte der Welt. Auf der Single „The Crid“ (Abeano/XL/Beggars/lndigo). die in England schon vor einem halben Jahr erschienen ist, bringen To My Boy das Kunststück fertig, vollelektronischen Indie Rock zu produzieren. Mit Computer, Synthesizer, Arpeggiator und Drum Machine machen sie eine rappelnde, zappelnde, manchmal ins Hymnische aufsteigende Musik, die auch Leuten gefallen könnte, die elektronische Musik kategorisch ablehnen, weil sie gar nicht merken, dass ToMy Boy ihre Musikelektronisch herstellen. Bravo.
1 Wieder so ein Blogger-Ding: Voxtrot aus Austin. Texas, sind auf dem besten Weg, das große, neue Ding zu werden. Sagen szeneaffme Menschen, die schon vor zwei Jahren auf Konzerten andere szeneaffine Menschen dabei beobachtet haben, wie I sie mit Voxtrot-T-Shirts herumgelaufen sind. „Trouble“ (Playloudrecordings/Beggars/lndigo) ist liebevoll arrangierter, beinzuckender und optimistischer Indie-Pop, aus dem man auch ein bisschen Arcade Fire und Belle & Sebastian heraushören kann.