The Notwist
Die lange (und demnächst wieder) verschollenen Weilheimer tauchen kurz auf.
Immer wieder mal hat man sich in den letzten Jahren gefragt, wie es mit The Notwist weitergehen würde. Schließlich war der Band aus dem bayrischen Weilheim mit Neon Golden (2002) eine Kostbarkeit von einem Album gelungen, auf die sich alle einigen konnten. So viel Konsens schafft Probleme, daran anzuschließen ist nicht einfach – besonders für zwanghafte Perfektionisten, als die der Dokumentarfilm On/Off The Record die Band ja hinlänglich geoutet hat. In den letzten fünf Jahren haben sie sich mit den Abstract-HipHoppern von Themselves dem Projekt 13 & God gewidmet. Band-Elektroniker Martin Gretschmann war fleißig als Console und Acid Pauli unterwegs. Und ein neues Notwist-Album? Dass der Melt!-Auftritt vor beeindruckender Tagebau-Kulisse der einzige des Jahres bleiben soll, lasst ahnen, dass sich die Band wohl noch ein wenig länger bedeckt halten wird.
Als Markus und Michael Acher, Drummer Martin Messerschmid und Gretschmann dann auf der Bühne stehen bzw. sitzen, in ihre Songs vertieft, sympathisch unglamourös wie eh und je. weiß man, dass man sich keine Sorgen machen muss: Diese Sand steht für Kontinuität. Gleich beim Eröffnungsstück „Pick Up The Phone“ fühlt sich das Publikum zwischen Gitarren-Rückkopplungen und Synthie-Flächen zu Hause. Gerade ist es Nacht geworden, die Bühne ist in schwelgerisches Orangegrün getaucht. Dass die auf Platte so filigranen Klangskulpturen der Band live eine ganz schön rockige Dynamik entwickeln, hält manchen nicht davon ab, sich auf dem gut gefüllten Bühnenvorplatz auf den Boden zu setzen und in den Sternenhimmel zu gucken.
Auch das zweite Stück, „The Room“, stammt von Neon Golden. Dass damit das Leitmotiv des Gigs festgelegt ist, daran ändert auch ein darauf folgendes Instrumental-Brett nichts, bei dem die elektronisch inspirierte Gegenwart der Band plötzlich Schulter an Schulter mit ihren Hardcore-Wurzeln steht. Vielleicht ist das ja ein Ausblick auf das fürs kommende Jahr angekündigte Album – so wie ein später zwischen zwei Songs eruptierendes Klanggewitter. Vielleicht aber improvisieren Notwist auch nur. Die Grenzen zwischen den Songs sind mittlerweile sowieso verschwommen. Es ist eigentlich egal. The Notwist sind eine tolle Band. Sie werden uns auch in Zukunft große Momente schenken. Und auf Platte wird sowieso wieder alles ganz anders klingen.
Knappe 30 Stunden später stehen wir bei der Simian Mobile Disco. Wie The Notwist haben die einst mit Rock angefangen. Nach einer personellen und musikalischen Entschlackungskur lassen sie es mit Rave-Miniaturen im Songformat krachen, die dem zuckenden Dancefloor gut gefallen. Etwas seltsam mutet es allerdings an, dass heutzutage knöpfchendrehende Elektroniker live ihre Platten eindeutiger eins zu eins spielen als eine Band mit klassischer Besetzung.
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