The Kinks: London, Town & Country
Sie konnten eigentlich nur gewinnen. In Nord-London haben sie vor über 25 Jahren angefangen, und genau dorthin kehrten sie zurück, um das silberne Jubiläum zu feiern. Ein „Low-Key“-Gig ohne Bühnen-Schnickschnack in mittelgroßer Halle. Doch das Understatement zahlte sich aus: Die Intimität des schummrig-plüschigen Town & Country Clubs erzeugte – gekoppelt mit der Bereitschaft der Fans, wohlwollend über eventuelle Schwächen hinwegzusehen – eine von Anfang an fantastische Stimmung. Ob „Lola“, „All Day And All Of The Night“, „Sunny Aftemoon“. „Apeman“ bis hin zum neueren „Come Dancing“ – jeder Ton wurde vom Publikum begeistert mitgesungen.
Die Kinks waren in einer Spiellaune wie selten. Ray Davies, der fast alle fünf Minuten hinter die Bühne hechtete, um sich umzuziehen, stand unangefochten im Mittelpunkt. Wie es der jeweilige Song verlangte, schlüpfte Ray in seine selbst kreierten Rollen, gab sich mal tuntig, mal als Mod, mal kumpelhaft und blieb stets auf ironischer Distanz zu sich selbst Seine Posen waren noch nie ernst gemeint, ein jugendlicher Rebell ist er nie gewesen, sondern hat ihn höchstens einen Song lang gespielt. Und trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, kam zu keinem Zeitpunkt Senioren-erinnern-sich-an-ihre-Jugend-Atmosphäre auf. Die Kinks spielten vielmehr ganz im Geiste der punkigen Versionen ihrer Songs durch The Jam oder die Stranglers. Kirsty MacColl, mit „Days“ gerade in den Hitparaden und deshalb von Ray Davies für diesen Song auf die Bühne geholt, wirkte dagegen regelrecht hausbacken und hüftsteif.
Zu drei Zugaben ließen sich die Kinks noch einmal hervorlocken, für die sie sich „You Really Got Me“ und „Waterloo Sunset“ aufgespart hatten. Sie schüttelten Hände und gröhlten den „Banana Boat Song“, ohne den kein Kinks-Konzert komplett ist.
Die Zuschauer waren wie in Trance und sangen „I always wanna be by your side“. Ray Davies traute der uneingeschränkten Verehrung anscheinend nicht ganz. „Do you really?“, fragte er zweifelnd. Doch das hörte im allgemeinen Rausch niemand mehr.