Konzertbericht

The killer in me is the filler in you – So war es bei The Smashing Pumpkins in Berlin


Billy Corgan war beim Konzert in der Berliner Wuhlheide gut drauf! Und wir somit auch.

Es spricht Bände, wenn die Tour zum aktuellen Album einer Gruppe – in diesem Fall zum unbeachteten Schwergewicht ATUM: A ROCK OPERA IN THREE ACTS (Platz 111 in den USA) – mit einer prägnanten Zeile eines bald 30 Jahre alten Hits betitelt ist. Das ist, als würde Damon Albarn eine neue Blur-Tour „Woo-Hoo“ nennen. Mit der Behauptung „The world is a vampire“ eröffnete Band-Chef oder -Diktator, wie manche sagen, Billy Corgan 1995 „Bullet With Butterfly Wings“, die urgewaltige Leadsingle des Abermillionensellers seiner Smashing Pumpkins, MELLON COLLIE & THE INFINITE SADNESS. Das Doppelalbum (Corgan war schon immer etwas übereifrig) bedeutete gleichermaßen weltweiten Durchbruch und Abstieg der Gruppe. Die Mengen wollten in der Folge mehr vom bombastischem Alternative-Rock, der von der gefühlvollen Klavierballade zum Metal-Magenschwinger, alles abdeckte, was das geschundene Teenage-Herz begehrte. Doch stattdessen bekamen sie das irreführend als Techno-Platte angekündigte Gothic-Folk-Werk ADORE und die großteils missratene Rückkehr zum erwarteten Sound, MACHINA/THE MACHINES OF GOD.

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Die Band trennte sich noch im Jahr der Veröffentlichung. Aus Mangel an Alternativen führte Corgan ab 2006 die Marke Smashing Pumpkins weiter, obwohl zwei Viertel der klassischen Besetzung zunächst nicht an der Reunion teilnahmen. Mit wechselndem Personal veröffentlichte der Pumpkin bis heute sechs weitere Alben, die immer weniger Beachtung fanden. Und so sind es am Samstag, den 22. Juni, in Berlin natürlich die großen Erfolge bis 1995, deretwegen die 17.000 Fans bei bestem Sommerabendwetter das ausverkaufte Amphitheater füllen.

Wohlfühlbad in Nostalgie

Corgan ist sich dessen vollauf bewusst und scheint damit überraschenderweise so gar kein Problem zu haben. Zwar beschwert er sich in Interviews fortlaufend über die Ignoranz gegenüber seines Spätwerks, verortet die Schuld daran stets beim Publikum und drohte noch im Vorfeld der Tour, nur Songs spielen zu wollen, auf die er Lust habe – „Erwartet bloß keine Hits!“ Ein Scherz, wie sich schnell herausstellt.

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Wie im Reißschlussverfahren gibt die Band mit einem unbekannten Song Möglichkeit zum Nachfüllen des Bierbechers, um diesen dann johlend zum folgenden „1979“, „Disarm“ oder auch „Today“ – diesen riesengroßen Songs, wie sie Corgan einfach nicht mehr gelingen wollen – in die Höhe schnellen zu lassen. The killer in me is the filler in you.

Die volksnahe Bratwurst

Dazwischen tut Corgan sein Bestes, um nicht wieder als beleidigte Leberwurst rüberzukommen, sondern gibt sich wie eine volksnahe Bratwurst: versichert uns seine Liebe, animiert zum Mitsingen. Das frühe U2-Cover „Zoo Station“ wirkt zunächst wie ein Gruß an die wohl bekannteste U-Bahnhaltstelle der Hauptstadt, wird aber tatsächlich während der ganzen Tour gespielt. Was haben die Pumpkins mit U2 gemeinsam, außer dass sie in den 90ern nacheinander tolle Songs zu Joel Schumachers „Batman“-Filmen beigesteuert haben?

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Die Wege des Herrn Corgan sind und bleiben unergründlich. Doch dass sie ihn an diesem Abend nach Berlin geführt haben, werden ihm die begeisterten Fans nach einem Wohlfühlbad in Nostalgie nie vergessen.