The Go-Go’s


Verwirrt reibe ich mir die Augen: Ist diese Band dort auf der Bühne wirklich aus Fleisch und Blut, oder bin ich nur in ein lebensgroßes Video geraten? Bühnendekoration, Kleidung und Bewegungen der fünf erinnern zu sehr an ihr neustes Video, das zur Zeit nonstop über den amerikanischen MTV-Channel flimmert. Farbenfroh und frisch, als kämen die ewigen Teenager geradewegs von San Diegos La Jolla Beach.

Schon bei den ersten Takten springt das Publikum elektrisiert auf: aus ist’s mit der ehrwürdigen Amphitheater-Stimmung Spaß wollen die sonnenverwöhnten, edel gekleideten Kids in dieser lauen kalifornischen Nacht haben – Willkommen im Land des Lächelns! Es stört sie kaum, daß da nur die bekannteren Hits der Go-Go s, wie „Head over Heels“ oder „We got the Beat“, sauber rüberkommen Lead-Gitarristin Charlotte Caffai wirkt reichlich weggetreten. Liegt’s an den Medikamenten, mit denen sie zur Bekämpfung ihrer Handwurzel-Erkrankung vollgepumpt wurde? Diese Behinderung nämlich war es, die Catfai monatelang zur Gitarrenabstinenz verdammte und fast die Band sprengte Schlagzeugerin Gina Schock hat den zweiten Einbruch in die heile Welt der Go-Go’s, ihre Herzoperation, offensichtlich besser überstanden. Sie und Sängerin Belinda Carlisle sind die solidesten Elemente der Band. Die schwarzhaarige, gestylte Jane Wiedlin zeigt Schwächen an der Rhythmus-Gitarre, darüber täuschen auch die fortwährend hochgezogenen Mundwinkel nicht hinweg. Und Kathy Valentine beherrscht zwar die „Guitar Hero“-Haltung bestens, ist aber nicht immer ganz konzentriert am Baß.

Dennoch läßt die Show den Funken überspringen, ist doch zumindest der visuelle Aspekt überzeugend (muß wohl auch, immerhin sind drei TV-Stationen anwesend) Die Farben der Bühnendekoration mit von innen beleuchteten Säulen sind raffiniert abgestimmt auf die buntstiftfarbene Gute-Laune-Kleidung der Musikerinnen. Kraftpaket Belinda jagt wie ein Flummy-Ball über die Bühne: ein Wunder, daß sie dabei ihre Stimme so sicher im Griff hält. Erst beim zweiten Encore klingt Belinda heiser, während Charlotte bereits dem Zusammenbruch nahe scheint. Die Musik der Mädels ist rockiger geworden, das Material ihres neuen Albums TALK SHOW substanzieller als die beiden vorhergehenden, seichteren Vinylerzeugnisse. Dennoch besteht fast schon zuviel Homogenität zwischen den einzelnen Songs, selten eine Überraschung, kaum ein Tempowechsel.

Die Go-Go’s-Fans in San Diego, die wohl ohnehin nichts anderes erwartet haben, kommen natürlich trotzdem auf ihre Kosten; getreu dem kalifornischen Motto „Girls (and boys) just wanna have fun“.