Nachruf

Das grinsende Getriebe: Zum Tod von Taylor Hawkins (Nachruf)


Taylor Hawkins, Schlagzeuger und zweiter Kopf der Foo Fighters, starb überraschend mit 50 Jahren. Ein Nachruf.

Die Geschichte des Rockstars Taylor Hawkins, wie wir ihn bis zuletzt kannten, beginnt im Jahr 1997: Damals stieß der ehemalige Live-Drummer von Alanis Morissette als Nachfolger des geschassten William Goldsmith zu den Foo Fighters. Sein ausladendes Spiel und seine umherwehende Mähne erinnerten schon zu jener Zeit an „Tier“ aus der „Muppet Show“. Hawkins, geboren 1972 in Texas und aufgewachsen in Kalifornien, war ein Surfer, ein Sonnyboy, ein Fan der Beach Boys, von Tom Petty, Genesis und Rush. Nirvana-Legende Dave Grohl hatte das Foo-Fighters-Debüt noch im Alleingang ein- und Goldsmiths Spuren auf dem gerade aufgenommenen späteren Klassiker THE COLOUR & THE SHAPE nachgespielt. Erst mit Hawkins fand er einen Mann an „seinem“ Instrument, den er fachlich und menschlich offenbar sehr schätzte. Über die Jahre hinweg wuchs Hawkins zum zweiten, sehr breit grinsenden Gesicht der Foo Fighters heran. Wenn Grohl in Interviews nicht gerade selbst sprach, übernahm nicht der zurückhaltende Nate Mendel, nicht Chris Shiflett oder Pat Smear, sondern Hawkins. Er und Grohl, diese nice guys, wurden Freunde, die in den kommenden 25 Jahren konstant aufnehmende und tourende Rockband tatsächlich eine Familie.

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Hawkins‘ Karriere hätte auch anders laufen können: Wäre es 1999 nach Axl Rose gegangen, dann hätte er den Takt für Guns N‘ Roses angeben sollen. Eine entsprechende Management-Anfrage war bei Hawkins‘ Mutter eingegangen. Der fragte Brian May um Rat. Mays Einschätzung sollte sich als richtig erweisen: „Ich habe dich und Dave auf der Bühne gesehen, da ist etwas zwischen euch, das kein Geld der Welt kaufen kann.“

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Auch Taylor Hawkins war ein Entertainer

Apropos Queen, apropos Grohl: Auch Hawkins, das machte sie zu so einem guten Gespann, war ein Entertainer. Vorm Zugabenbreak trommelte und intonierte er immer wieder „Another One Bites The Dust“ (im Medley mit anderen Coverversionen). Bei ihrem letzten Auftritt beim Lollapalooza Argentinien sang er Mercurys „Somebody To Love“. Er schauspielte in den komödiantischen Videos seiner Band  und in ihrem jüngst erschienenen Horrorfilm „Studio 666“. Als Taylor Hawkins and the Coattail Riders veröffentlichte er drei Soloplatten, nebenbei verdingte er sich einst in der Coverband Chevy Metal. Dieses Jahr soll – oder sollte – das Debüt seiner mit Mitgliedern von Jane’s Addiction gegründeten Supergroup NHC erscheinen.

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Wen wir offenbar nicht kannten, war der Mann hinter diesen strahlend weißen Zähnen. Ein öffentlicher Trugschluss, dass mit dem Tod des Grunge und seinen Protagonisten Andrew Wood, Kurt Cobain, Layne Staley, später Scott Weiland und Chris Cornell auch die psychischen Probleme von Künstlern im Rampenlicht starben. Der Sound der Foo Fighters und ihre schiere Existenz markierten ein gefühltes Ende von Melancholie und Depression im Rock. Sie galten als geläuterte Gefährten. Gefestigt. Lebensbejahend. Humorvoll. Über Hawkins war immerhin bekannt, dass er unter immensem Lampenfieber litt. 2001 lag er nach einer Überdosis Heroin zwei Wochen im Koma. Wie clean oder abhängig er seitdem war und was Krankheiten und Drogen mit seinem Tod zu tun haben könnten, ist bisher Spekulation: Am 25. März 2022 wurde er tot in einem Hotelzimmer in Bogotá gefunden, die Foo Fighters sollten dort am Abend auf einem Festival auftreten. Die Todesursache steht noch nicht fest, dafür das: Grohl hat 28 Jahre nach Cobains Suizid schon wieder einen Freund und maßgebliches Bandmitglied, Hawkins‘ Frau ihren Mann und den Vater dreier Kinder und wir alle einen der besten Drummer der Welt in der größten Alternative-Rockband der Welt verloren.

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