„„Super Konzert mit jeder Menge tighter Mucke!“


Der Flughafen Berlin Tempelhof, eine Woche bevor sich die Türen des einstigen Verkehrsknotenpunktes für den Flugverkehr schließen. Kleine Menschengruppen kommen gut gelaunt aus der Ankunftszone, andere warten auf die Landung einer verspäteten Maschine. Über all dem steht Matt Tong, der von der Galerie die in der Kuppel der Wartehalle hängenden historischen Kleinflugzeuge fotografiert; unter ihm irren eine Menge Hobbyfotografen, die es dem Drummer von Bloc Party gleichtun und versuchen, die letzten Tage des Airports mit ein paar Schnappschüssen einzufangen. Hinter ihm schwirren dutzende Helfer durch das ehemalige Flughafen-Restaurant, in dem gerade die Bühne aufgebaut wird, auf der das Quartett aus London heute einen Showcase für ihr neues Album Intimacy spielen soll.

Aus dem einstigen Restaurant ist ein recht ansehnlicher Club geworden: Die linke Seite des Raumes besteht aus einer langen Glasfassade, durch die man einen romantischen Ausblick auf das Rollfeld und die Skyline Berlins hat. Zwischen all dem Treiben eilt Russel Lissack, bewaffnet mit Haarbürste und einem Haarglätter, durch die Gänge, sichtlich erschöpft auf dem Weg zum nächsten Interview. Mit dem Erfolg steigt auch die Nachfrage, und so muss der medienscheue Gitarrist, der sonst seine Interviews auf Gitarrenmagazine beschränkt, nun auch der Tagespresse Rede und Antwort stehen.

Wesentlich ausgeruhter wirken seine Kollegen Kele Okereke und Matt Tong, als sie zum Interview in einem Nebenraum erscheinen. Der Tourstress scheint den beiden kaum etwas anzuhaben. Okereke lauscht konzentriert den Fragen, während im Hintergrund der Soundcheck wütet, und ist sogar zu Scherzen aufgelegt (Interview siehe unten).

Ein paar Stunden später findet sich im Ex-Restaurant/ Club eine bunte Schar von Auserwählten ein. Das heutige Publikum setzt sich aus Journalisten, VIPs und Gewinnspielteilnehmern zusammen, darunter die Schauspieler Daniel Brühl und Tobias Schenke, die dem Konzert sichtlich entgegenfiebern – der Rest des Publikums wirkt unangemessen beherrscht. Mehr noch: Als Bloc Party um 22:05 Uhr die Bühne betreten, dümpelt die Zahl der Anwesenden deutlich unter den anvisierten 400 Gästen. Was hier wie schiefgelaufen ist bei so einem exklusiven Event sollte doch eigentlich der Raum aus den Nähten platzen? – sei dahingestellt. Die Band stört es jedenfalls nicht: „One Month Off“ mag als Opener etwas unglücklich gewählt sein, und Okerekes Stimme klingt bei „Hunting For Witches“ noch unaufgewärmt, aber „Positive Tension“ gelingt so perfekt, wie man es sich nur wünschen kann. Das Zusammenspiel der Gitarren von Lissack und Okereke ist so präzise wie Matt Tongs Schlagzeugspiel. Die Band hat sich deutlich entwickelt. Dass sie noch vor zwei Jahren live oft recht schlecht abgestimmt waren, kann man sich nur schwer vorstellen, so perfekt spielen sie auf.

Energiegeladene Hits wie „Banquet“, „The Prayer“ und „Price of Gas“ werden mit Präzision und Drive dargeboten. Schade nur, dass das offenbar etwas übersättigte Publikum damit nicht so recht viel anzufangen weiß – der Großteil der Anwesenden ist wohl mehr human als dancer. Okereke müht sich, die Leute immer wieder mit Ansagen zu motivieren (der kürzlich nach Berlin umgesiedelte Matt Tong versucht sich sogar an etwas akzentlasogem Deutsch), bei „Mercury“ springt er losgelöst mit dem Mikro durchs Publikum, feiert mit den ersten Reihen und lässt Textkundige mitsingen.

Der Song muss, wie die anderen an diesem Abend gespielten Stücke von intimacy, live nicht auf die elektronischen Studio-Spielereien und Samples verzichten. Das Xylophon in „Signs“ wird live von Bassist Gordon Moakes gespielt – der Song ist zusammen mit „This Modern Love“ das Highlight des Abends. Der Band gelingt es nicht nur, beide Songs fast originalgetreu auf die Bühne zu bringen – sie schaffen es auch, dem Publikum die den Liedern innewohnende emotionale Dichte eindrucksvoll vorzuführen.

Nach zwölf Songs folgen vier Zugaben, darunter eine Version von „Flux“, die ohne Auto-Tune-Effekt – vulgo „Cher-Filter“ – auf Okerekes Stimme wesentlich besser klingt als die Studiovariante. Auch wenn das Publikum sie heute nicht ganz zu schätzen wusste:Bloc Party haben sich zu einer unterhaltsamen, technisch versierten und emotionalen Liveband entwickelt, die vielleicht in einer großen Halle noch besser ihre Wirkung entfalten kann als in einem freundlichen Club mit Blick auf die Skyline. So ist nach knappen anderthalb Stunden das Konzert mit einer hastigen Version von „Helicopter“ beendet. Tobias Schenke urteilt: „Ein super Konzert mit jeder Menge tighter Mucke und krassen englischen Texten.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

>» www.blocparty.com

Musikexpress präsentiert Bloc Party live 2009: 9.2. München; 14.2. Berlin; 16.2. Dresden; 7.2. Köln; 21.2. Hamburg. MCT 0800/6287467, www.tickets.de