Mehr als nur so ein Retro-Ding: Sub Pop und die MC
Sub Pop, das ist für viele das Label, das Nirvana und Soundgarden groß gemacht hat. 1986 gegründet ist es aber auch genau in das Kassetten-Zeitalter eingestiegen. Aus diesem Grund ist für das Indie-Label das Comeback der Kassette eine Ehrensache.
Am Anfang war die Kassette. Das US-Label Sub Pop ist für viele auch heute noch einfach DAS Indie-Label schlechthin.
Angefangen hat alles in den frühen 80ern. Der spätere Label-Gründer Bruce Pavitt brachte Monat für Monat ein Fanzine mit dem Titel „Sub Pop“ in der Seattler Szene heraus. Jeder zweiten Ausgabe lag eine Compilation auf Kassette bei – und so nahm alles seinen Lauf. Auf Discogs bringen diese Kassetten heute bis zu umgerechnet 140 Euro ein. 1986 wurde aus dem Fanzine ein richtiges Label, das vor allem dadurch berühmt wurde, Nirvana unter Vertrag genommen zu haben.
Diese „Kassetten-Tradition“ pflegt das Label auch im Jahr 2018 weiter. Nach kurzer Unterbrechung gibt es bei Sub Pop nun auch wieder eine Person, die sich ausschließlich mit der Kassetten-Herstellung beschäftigt, nämlich Andrea Heart. Die gebürtige Australierin hat früher selber ein kleinen Kassettenlabel in ihrer Heimat betrieben, ehe sie nach Seattle ging. Für sie ist es selbstverständlich, das das Label auch auf MC veröffentlicht: „Als das Label 1986 gegründet wurde, waren die Compilations super wichtig. Viele sind in den 90ern genau damit groß geworden. Es gehört zur Geschichte des Labels selbst und hat natürlich auch so einen Nostalgie-Faktor.“https://www.instagram.com/p/_cgfDzhp-G/
Tapes bei Sub Pop: Zu Beginn ging es vor allem um Reissues
Dass das Traditionslabel Kassetten aber überhaupt wieder in die Produktpalette aufgenommen hat, daran hat Heart ihren Anteil. Sub Pop arbeitet eng mit verschiedenen Plattenläden, in den USA zusammen wie etwa ADA. „Und in den letzten Jahren habend die verstärkt gefragt, ob wir unsere Titel auch auf Kassette im Angebot haben“, sagt Heart. Am Anfang ging es dabei vor allem um Reissues, von populären Sachen wie Nirvana, die eben damals auch original auf Kassette erschienen sind. Heart hat dann in der Beratungsphase mit diversen Label-Mitarbeitern und den Plattenläden zusammen überlegt, ob es sich lohnt, wieder Kassetten herauszubringen.
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Und es lohnt sich in seiner Nische, sonst würde das Label die Strategie nicht fortführen, Tradition hin oder her. Natürlich sind die genauen Verkaufszahlen geheim, aber Heart bestätigt: „Tendenziell wird es mehr. Es gibt halt einige Big Seller wie Afghan Whigs und vor allem Sleater Kinney, davon verkaufen wir schon im Hunderter-Bereich. Von den meisten Acts sind es allerdings weniger. Aber genaue Zahlen können wir da leider nicht nennen.“ Zu den Acts die bei Sub Pop auch auf MC erscheinen gehört auch die Rock-Band Bully.
Immer mehr junge Künstler veröffentlichen auch auf MC
Sängerin Alicia Bognanno schätzt das Medium, auch oder gerade weil sie vom Alter her nicht mehr wirklich zur „Generation Kassette“ zählt. Als Kind ist sie dennoch mit dem Tonträger aufgewachsen: Ihre Eltern hörten Musik eigentlich nur auf Kassette, außerdem hatte sie unglaublich lange ein Auto, dass nur ein Radio mit Kassettendeck hatte, folglich immer irgendwelche Kassetten rum. Beide Alben ihrer Band, auch die aktuelle LP LOSING, sind bisher auf Kassette erschienen. Für Bognanno hat das mehrere Gründe:
„Sie sind erschwinglich und man kann sie so gestalten, wie man möchte. Ich kann auswählen, welche Farbe ich möchte, das Cover individuell gestalten. Uns als Band ist auch immer wichtig, den Fans die Auswahlmöglichkeit zu geben, ob sie unsere Musik lieber auf Vinyl, CD oder eben Kassette hören wollen. Seitdem wir als Band unterwegs sind, war zwar immer Vinyl das Thema Nummer eins, aber das kann sich eben nun mal nicht jeder leisten. Aber ich denke, da spielt auch eine Mischung aus Nostalgie und dem Wunsch, wieder etwas in der Hand halten zu wollen mit. Ich habe auch schon Leute getroffen, die die Audioqualität bei einer Kassette bevorzugen. Auf Konzerten verkaufen wir unsere Kassetten auch, ich habe extra vor dem Tourbeginn nochmal eine neue Ladung Tapes bekommen, ich glaube die sind diesmal Dunkelgrün.“
Bevor die Kassette in Produktion geht, werden die Künstler in den Gestaltungsprozess mit eingezogen: „Sub Pop schickt uns vorher eine Liste mit Farben und Gestaltungsmöglichkeiten, von denen wir dann auswählen können. Das Gesamtpaket soll sich schon von Vinyl oder der CD etwas unterscheiden“, betont Bognnano. Mittlerweile sie führ ihre Band Bully die Kassetten mittlerweile so wichtig geworden, dass sie nach Vinyl am zweithäufigsten als physisches Format gekauft werden.
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Bei der Produktion der Kassette kommt Andrea Heart dann auch wieder in Kontakt mit den Künstlern. Sub Pop bestelle zwar eher Kleinstauflagen im Vergleich zu Vinyl oder CDs. „Aber die Nachfrage wächst. Und Kassetten sind in ihrer Herstellung vergleichsweise billig. Wir geben unsere Titel bei der National Audio in Auftrag, ich glaube das ist der größte Hersteller, den es noch so gibt. Urban Outfitters gibt da seine Kassetten zum Beispiel auch in Auftrag. Wir merken aber, dass es schwieriger wird, den Rohstoff für die Bänder zu kriegen“, erklärt Heart.
Einen Unterschied zum alltäglichen Label-Geschäft sieht Heart in ihrer Aufgabe darin, dass gerade viele junge Künstler, wie eben Bully, das Medium Kassette wieder für sich entdecken und auch bei der Gestaltung mitreden möchten. „Das macht einfach sehr viel Spaß, weil man hier noch einen richtigen Austausch hat, das ist noch nicht so automatisiert.“
Auszüge aus unseren Gesprächen Mit Bully-Sängerin Alicia Bognanno und Andrea Heart von Sub Pop könnt Ihr in unserem großen Kassetten-Special im Musikexpress-April-Heft lesen.