Stuart Staples
Melancholie de Luxe im Gotteshaus.
Die Erwartungshaltung vor diesem Konzert ist hoch. Zum einen, weil es das einzige Deutschlandkonzert von Stuart A. Staples ist. Zum anderen, weil der Tindersticks-Sänger die Songs seiner Soloalben LUCKY DOG RECORDINGS 03-04 (2005) und LEAVING SONGS (2006) zum ersten Mal überhaupt hierzulande live vorstellt. Als wäre das nicht spektakulär genug, findet das Konzert auch noch in einer Kirche statt, genauer: der St. Johanniskirche im feinen Hamburger Viertel Harvestehude. Neogotische Bauart, drinnen: bemalte hohe Fenster, die wenig Licht der Frühsommernacht hereinlassen; schwere braune Holzbänke, künstliches Kerzenlicht. Die Musikinstrumente stehen artig vorm Altar.
Eben sinniert man noch, was Staples sich bloss bei der Location gedacht hat und wie man ohne Alkoholausschank klarkommen wird, da geht das Vorprogramm los. Laura trägt mit schöner Stimme fragile spanische Folksongs vor, verfügt über ein Arsenal großer Gesten und monologisiert minutenlang über Liebe und wahr gewordene Träume. Man wünscht ihr Glück und sich selbst schon jetzt eine Flasche Rotwein.
Jeglicher Zynismus verfliegt, als Staples, begleitet von drei Musikern, das Gotteshaus betritt. Schon mit den ersten Klängen und dieser Stimme, die an nichts als an ihn selbst erinnert, öffnet er einem das Herz. Melancholisches wie“.Goodbye To Old Friends“ oder das herzzerreißende“.Shame On You wirken in dieser Umgebung noch zeitloser und wahrhaftiger. Staples erzählt, daß das mit der Kirche gar nicht seine Idee war: „Eine seltsame Situation. Ist der Sound in den hinteren Reihen nicht schrecklich? Wir würden uns alle viel besser fühlen, wenn ihr näher rankommen könntet.“ Viele kommen näher und verfolgen mit glänzenden Augen einen Höhepunkt nach dem anderen. Stellvertretend mag man „Which Way The Wind“ nennen, das, wie alle anderen Solo-Songs auch, nach den Tindersticks klingt – vielleicht eine Nuance dynamischer, weniger verschwenderisch, konzentrierter. Der melancholische Moritatenabend dauert über eine Stunde. Das Publikum danach: aufgekratzt. Es mag ihm schon viele Male das große Herz gebrochen worden sein, dem Ritter von der traurigen Gestalt im grauen Leinenanzug; zu einem Hoffnungslosen wird er nie werden.
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