Stone Temple Pilots


It never rains in Southern California – den ganzen Tag hatten düstere Wolken den Blick auf das sonnige San Diego an der Grenze zu Mexiko versperrt. Doch am späten Nachmittag meinte es der kalifornische Wettergott doch noch gut mit den leicht geschürzten Hippie-Kindern, die den Universitäts-Distrikt in Massen belagerten. Die heimatlichen Helden hatten gerufen, und alle kamen.

Daß böse Zungen immer noch behaupten, die Stone Temple Pilots hätten L.A. kurz vor ihrem Durchbruch nur verlassen, weil sie am Sunset Strip nur eine Durchschnitts-Band unter vielen geblieben wären, scheint ihre zahlreichen Anhänger wenig zu kümmern. Genauso wenig, wie sie sich für die Vorgruppen Redd Kross und Meat Puppets interessieren. Obschon alte Hasen im Indie-Zirkel, die von den Pilots als richtungweisend bezeichnet werden, schütteln zu ihren Klängen nur ein paar Eingeweihte das gepflegte Langhaar. So gehen zwei Bands, die tatsächlich eine Alternative zur herkömmlichen Rockmusik darstellen, im Dämmerlicht von San Diego mehr oder weniger unter.

Erst als die Dunkelheit sich vollständig über die ausverkaufte Open-Air-Arena gesenkt hat, erhebt sich die auffallend jugendliche Menge wie auf ein geheimes Kommando hin von der? Sitzen. Denn nun sind sie da, ihre Helden. Und schon wenige Minuten später wird klar, daß die Stone Temple Pilots im zweiten Jahr des Erfolgs die immer wieder gezogenen Vergleiche mit Pearl Jam aus der Welt schaffen wollen. Lead-Sänger Scott Weilands Bühnenpräsenz jedenfalls hat nicht das geringste gemein mit Eddie Vedders peinigendem Aggressions-Abbau. Mit Fliegenbrille und fiesem Grinsen ist Weiland eher Bonos kleiner, aufsässiger Bruder – arrogant, selbst-ironisch und dabei alles andere als ein Betrachter der eigenen Seelen-Pein.

Fast scheint es, als machten sich die Stone Temple Pilots über alles lustig, was ihrem eigenen Image anhaftet. So ist ihre Antwort auf Batikhemden und Nickelbrillen im Publikum eine meterhohe psychedelische Lavalampe, die sich als Bühnendekoration einfach prächtig eignet. Dann bekommt das MTV-Publikum (und damit ein beträchtlicher Teil der Plattenkäufer) sein Fett ab. Im Zuge einer ausgedehnten Unplugged-Session in der Mitte der Show räkeln sich die Pilots bei Kippen und Bier in einem vollständig eingerichteten Biedermeier-Wohnzimmer.

Der Unterhaltungswert zählt bei dieser Darbietung allemal mehr als ihre musikalische Qualität. Letztes Jahr noch weigerten sich die Stone Temple Pilots, mit Aerosmith auf Tour zu gehen. Doch wenn Weiland und seine Mannen auch nur ansatzweise das Durchhaltevermögen von Tyler & Co. an den Tag legen, dann sind sie auf dem besten Weg, eine Neuauflage ihrer beargwöhnten Kollegen zu werden: eine schlichte aber massenhaft verkaufende Rockband, die mit einem außergewöhnlichen Frontmann für beste Unterhaltung sorgt. Ums Entertainment ist s in San Diego nach einer Stunde besonders gut bestellt. Mit den Worten „it’s time for the hits now“ kündigt Weiland patzig den besten Teil der Show an. Denn jetzt folgen STP-Erfolge wie „Flush“ und „Sex Type Thing“ im Schnelldurchlauf.

Und ob sie’s nun wollen oder nicht: An diesem Abend stehen die Stone Temple Pilots Bon Jovi allemal näher als Fugazi. Was für Weiland den Vorteil hat, daß er und seine Mitstreiter wahrscheinlich so richtig reich und berühmt werden – und das dann auch wieder vollkommen zu Recht.