Steve Winwood
Traffic, Blind Faith, Spencer Davis Group — Winwoods Wurzeln reichen bis weit zurück in die 60er Jahre. So reichhaltig seine Erfahrungen auch sein mögen, so schwer fällt es ihm, sie angemessen zu artikulieren. Auch mit 38 Jahren ist Winwood der scheue, verschlossene Junge geblieben.
ME/SOUNDS: Als wir uns vor vier Jahren zum letzten Mal trafen, bei der Veröffentlichung von TALKING BACK TO THE NIGHT, wirktest du müde und ausgebrannt. Heute strahlst du etwas ganz anderes uns: Frische, Lebendigkeit, Spontanität.
WINWOOD: „Nun, ich habe in den letzten Tagen ein bißchen mehr geschlafen; vielleicht liegt’s daran. Nein, der Grund ist wohl ein anderer. Ich habe im letzten Jahr zu mir gesagt: ,Du hast dich zu lange mit deinen Musik-Computern verkrochen!‘ Obwohl es mich begeistert, allein im Studio zu hocken und die Computer zu programmieren, wollte ich einfach raus. Singen, Spielen, auf die Bühne -— das mach ich wohl jetzt einfach ein bißchen häufiger.“
ME/SOUNDS: Warst du damals nicht einfach ganz anders drauf?
WINWOOD: „Ganz anders.“
ME/SOUNDS: Kannst du den Unterschied etwas genauer beschreiben ?
WINWOOD: „Ich habe in den letzten Jahren viel Zeit in den USA verbracht, in New York, in Los Angeles und dabei oft — auch mit Leuten zusammen — gespielt. Das war eine Art von Coming out für mich. So wie ich die beiden Alben davor — ARC OF A DIVER und TALKING BACK TO THE NIGHT — aufgenommen habe …, das war zwar eine sehr sinnvolle Arbeitsmethode, im Alleingang nämlich; und ich würde es unter Umständen sogar wieder machen. Aber im Moment arbeite ich lieber mit Menschen, mil Musikern zusammen. Das macht nämlich ungeheuren Spaß.“
ME/SOUNDS: Du hast vier Jahre für dieses “ coming out“ gebraucht ?
WINWOOD: „Vielleicht, ich weiß es selbst nicht genau. Ich hatte vor, mich ursprünglich mehr aufs Produzieren zu verlegen. Aber vor einem Jahr wurde mir klar, daß ich das lieber lasse und einen neuen Künstlervertrag unterschreibe.“
ME/SOUNDS: Hast du schon unterschrieben? Oder suchst du noch nach einer Firma?
WINWOOD: „Ich verhandle.“
ME/SOUNDS: Details…?
WINWOOD: „Nein. Ich bin eigentlich mit meiner momentanen Firma Island ganz zufrieden. Aber ich muß mit derartigen Äußerungen vorsichtig sein. Außerdem habe ich jetzt zum ersten Mal seit 12 Jahren wieder ein Management. Also konzentriere ich mich darauf, Künstler zu sein und nicht Geschäftsmann oder ein Studio-Tier.“
ME/SOUNDS: Studio-Tier? Welche Rasse? Hund. Katze?
WINWOOD: „Hund. Ich sagte Tier, weil ich weiß, daß Tiere alles aus reiner Gewohnheit tun. Das habe ich auch gemacht — acht Stunden am Tag, fünf oder sechs Tage die Woche.“
ME/SOUNDS: Ein Hund bellt auch.
WINWOOD: „Sicher, ich habe andauernd alle möglichen Leute angebellt, oft gerade die Menschen, die ich am meisten liebe, mit denen ich besonders eng zusammenarbeite — und vor allem Nobby, den Manager.“
ME/SOUNDS: „Hast du eigentlich noch Kontakt zu deinen alten Kollegen von Traffic, zu Jim Capaldi, zu Dave Mason…?
WINWOOD: „Chris Wood starb ja vor knapp drei Jahren. Viele Musiker, mit denen ich im Laufe von 20 Jahren zusammengearbeitet habe, sind an Drogen oder Alkohol krepiert. Was mich dazu geführt hat, von diesen Dingen lieber die Finger zu lassen.
Spencer Davis sehe ich noch gelegentlich — und Jim Capaldi. Er hat vom Musikgeschäft die Nase voll. Eric Clapton treffe ich noch ab und zu -— soweit das unsere Terminpläne erlauben.“
ME/SOUNDS: Als du vor 20 Jahren erstmals auf die Bühne kamst, bezeichnete man dich als musikalisches Wunderkind. Wie ließ es sich mit diesem Etikett eigentlich leben ?
WINWOOD: „Klar, so etwas kann dich gewaltig beeinflussen; insofern kann ich mich glücklich schätzen, daß es in meinem Falle nicht über Nacht passierte. Wir haben hart gearbeitet, sind in einem kleinen Bus kreuz und quer durch Europa getingelt und haben wirklich in Löchern gespielt. Heutzutage ist das alles anders; heute passiert es Knall auf Fall.“
ME/SOUNDS: Falls es passiert…
WINWOOD: „Klar, es gibt auch Leute, die sich vergeblich bemühen. Aber wenn es passiert, dann gleich in ungeheuren Dimensionen. Deswegen bin ich ganz froh, daß in meinem Fall der Erfolg und das Geld in Raten kamen.“
ME/SOUNDS: Hast du es dir finanziell immer leisten können, dich über Jahre hinweg mit eigenen Projekten zu beschäftigen ?
WINWOOD: „Traffic machte gutes Geld. Das hat mir erlaubt, meinen eigenen Projekten nachzugehen. Außerdem habe ich auf vielen Sessions gespielt — was durchaus lukrativ sein kann. Man muß dafür allerdings willens sein, auf die Wünsche anderer Leute einzugehen. Es ist in gewissem Sinne eine Dienstleistung.“
ME/SOUNDS: Aus welchen Gründen hast du dich eigentlich von der Bühne verabschiedet?
WINWOOD: „Als ich 1974 mit dem Touren aufhörte, dachte ich mir: ,Du bist jetzt seit zehn Jahren unterwegs; es muß im Leben doch noch etwas anderes geben als Rock >?‘ Roll.‘ Ich habe mich also bemüht. Kontakt zu Leuten zu knüpfen, die nichts mit dem Musikgeschäft zu tun hatten. Ich wollte nicht so werden wie einige meiner Musiker-Kollegen, die ihr ganzes Leben mit einer Rockband auf Tour verbracht haben und sonst vom Leben nichts mitbekommen. Diese Leute sind hoffnungslos: Sie können nicht die einfachsten Dinge erledigen, können nicht zur Bank gehen oder sich ein Flugticket kaufen. Sie sind ohne ihren Apparat völlig hilflos.
Ich war auf dem besten Wege, ein ebensolcher Fachidiot und emotionaler Krüppel zu werden — und faßte deshalb den bewußten Entschluß, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Plötzlich schaute ich mich mit offenen Augen um und mußte feststellen, daß es da draußen eine ganze Welt zu entdecken gab, von deren Existenz ich überhaupt nichts wußte. Wenn man so jung anfängt wie ich, läuft man eben Gefahr, viel zu verpassen.
Viele Leute dachten wohl damals, ich wolle mich völlig von der Musik verabschieden. Für mich persönlich aber war das eine wichtige und aufregende Phase in meinem Leben, eine Neuorientierung.“
ME/SOUNDS: Warum arbeiltest du eigentlich nicht mit deinem Bruder Muff zusammen, früher Bassist der Spencer Davis Group, heute bei CBS in London ein erfolgreicher und angesehener Mann ?
WINWOOD: „Wir können keine Geschäfte miteinander machen. Wir sind eine Familie. Strikte Regel. Unmöglich.“
ME/SOUNDS: Ihr haltet Kontakt. Gibt er dir nicht wenigstens manchmal gute Ratschläge?
W1NW00D: „Das tut er. Zum Beispiel habe ich viel in New York zusammen mit ihm unternommen. Ich habe ihm ein paar Mischungen vorgespielt. Er half mir. Ja.“
ME/SOUNDS: Glaubst du, daß er dich 20 Jahre nach der gemeinsamen Zeit in der Spencer Davis Group musikalisch noch versteht?
WINWOOD: „Ja. Und außerdem versteht er natürlich eine Menge vom Geschäft. Denn das tut er ja —verkaufen.“
ME/SOUNDS: Aber gerade du bist doch jemand, den der kommerzielle Aspekt des Künstlerlebens extrem irritiert und stört…
WINWOOD: „Natürlich. Ich ziele nicht auf einen Markt ab. Tue ich nie und habe es nie getan. Ich glaube einfach nicht an so etwas. Ich will Leute erreichen und von ihnen Feedback bekommen.“
ME/SOUNDS: Läge es dann nicht auf der Hand, konstant auf Tournee zu gehen?
WINWOOD: „Klar, dafür habe ich wirklich viel übrig. Ich bin Performer, Entertainer, auch wenn ich die Studio-Atmosphäre durchaus zu schätzen weiß. Aber ich fühle mich letztlich doch als Live-Musiker. Schließlich habe ich so auch angefangen.“
ME/SOUNDS: Vor vier Jahren sprachen wir darüber, daß es für dich endgültig abgehakt sei, nochmals mit alten Weggefährten wie Eric Clapton oder Ginger Baker auf die Bühne zu gehen. Denn du willst mit den aufkommenden Ego-Problemen nichts zu tun haben. Nun bist du jeweils eindeutig der Boß einer Band. Das bedeutet, Stärke zeigen und Verantwortung tragen. Das ist doch auch nicht immer leicht, oder?
WINWOOD: „Das ist richtig. Wichtig für mich ist folgendes: In den Phasen, in denen ich alleine arbeite, kann ich mich bei niemand anderem beklagen außer bei mir selbst. Aber nach einer solchen Klausur ist es eben gut, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten. Man teilt sich die Last der Arbeit, man bekommt Echo und Ideen. Und das ist ebenfalls sehr gut.
Ich habe das neue Album BACK IN THE HIGH LIFE mit einem Co-Produzenten, einem Tonmeister und Musiker zusammen gemacht. All diese Leute haben etwas sehr eigenes eingebracht. Wenn ich auf Leuten herumtrample und sage .Mach dies, mach das‘, dann brauchte ich nicht ein solches Album zu machen. Es ist schön, von anderen lnput zu bekommen. Ansonsten gehört es einfach zu den Erfahrungswerten beim Produzieren, daß du weißt, wann du jemanden bremsen mußt oder ihn sich selbst zu überlassen hast.“
ME/SOUNDS: Brauchst du, wenn du im Studio singst, viele Leute quasi als Publikum für dich als Stimulanz ?
WINWOOD: „Ich habe mit Russ Titelman als Co-Produzenten zusammengearbeitet. Sein Job ist es, das Publikum zu repräsentieren. Also waren da auch nicht viele Leute, als ich die Vocal-Parts gesungen habe. Der Co-Produzent liefert das Feedback im Studio.“
ME/SOUNDS: Russ Titelman ist berühmt fiir eine ganz besondere Qualität aus Los Angeles, für eine kalifornische Musiker-Musik wie die von Rickie Lee Jones …
WINWOOD: „… das ist richtig…“
ME/SOUNDS: … du bist einer der Repräsentanten der englischen Rhythm & Blues-Stilart…
WINWOOD: „… stimmt…“
ME/SOUNDS: … wie ging das zusammen?
WINWOOD: „Dieses Album ist vor allen Dingen eine R& B-Platte.“
ME/SOUNDS: Mit einem Dance-Floor-Touch…
WINWOOD: „Nun ja. Heutzutage nennen wir so etwas Dance-Floor-Musik. Viele Songs der Spencer Davis Group hatten das. Bloß nannte man sie damals nicht so.“
ME/SOUNDS: Man hat einfach dazu getanzt…
WINWOOD: „Richtig. Heute werden die Dinge gerne kategorisiert. Jedenfalls —- darauf wollte ich hinaus —- ging es mir nicht vordergründig darum, Musik für Discotheken zu machen. Ich wollte eigentlich etwas produzieren, was eine Spencer Davis Group-Platte der 80er Jahre sein könnte. Solche Einflüsse haben mich denn auch viel mehr beschäftigt als bei den beiden Alben davor.“
ME/SOUNDS: Vor ein paar Monaten hast du für das letzte Talk Talk-Album THE COLOUR OF SPRING ein paar Keyboard-Spuren beigesteuert. In dem Song “ Give It Up“ spielt auffälligerweise Produzent Tim Friese-Greene eine Orgel, die weit mehr nach Winwood klingt als deine Parts. Hat er dich kopiert ?
WINWOOD: „Das muß ich wohl annehmen. Ich weiß allerdings kein bißchen mehr als du darüber.“
ME/SOUNDS: Hattest du denn einfach nur mitgejammt?
WINWOOD: „Ja, und das mit sehr viel Vergnügen. Tim Friese-Greene und das Team waren vorzüglich. Übrigens fragen mich in letzter Zeit viele Leute, weshalb die Musik von Peter Gabriel auf dem Album SO so ähnlich klingt wie meine. Darauf habe ich ebenfalls keine Antwort parat. Das einzige, was mir dazu einfällt, ist die Tatsache, daß es mir ein bißchen schmeichelt.“
ME/SOUNDS: Auffällig ähnlich kling! das zumindest bei „Sledgehammer“ von Gabriel. Ich kann verstehen, daß ihr beide etwas komplett Unterschiedliches gemacht habt. Aber da ihr nun mal zu ähnlichen Ergebnissen gekommen seid, möchten Journalisten gerne herausfinden, wie so etwas möglich ist.
WINWOOD: „Nun, das weiß ich beim besten Willen nicht. Er klingt so wie ich. Wie er dahingekommen ist? Keine Ahnung. Vielleicht wirken da dieselben musikalischen Einflüsse wie bei mir.“
ME/SOUNDS: Was hältst du von den heutigen Produktions- und Studiosound-Standards? Akzeptierst du sie? Oder fiihlst du dich nicht manchmal unwohl im Rahmen der technischen Hochrüstung, die kaum noch Platz läßt fiir Leute, die weniger aufwendig arbeiten wollen ?
WINWOOD: „Ich bin an der Studiotechnik von heute ungemein interessiert. Und ich glaube auch nicht, daß es mit der guten Musik Anfang der 70er Jahre vorbei war. Die computerisierten Musik-Instrumente und die Aufnahmetechnik erlauben einem phantastische Sachen. Natürlich muß man auch mit diesen Instrumenten umgehen können — genauso gut wie mit einer Violine, einem Piano oder einer Gitarre.“
ME/SOUNDS: Was hältst du denn vom Sound-Sampling, also jenem Kult, bei dem mit viel Mühe Klänge auf natürliche Weise erzeugt und gespeichert werden, damit sie anschließend mit ebenso viel Mühe computergenau eingesetzt werden können ? Sollte man wirklich so arbeiten ?
WINWOOD: „Ich denke, es ist entscheidend, wie es am Ende klingt — und nicht wie es entstanden ist. Das Ergebnis ist das einzige, was einen Künstler interessieren sollte. Und das Ergebnis ist schließlich auch das. was den Zuhörer interessiert. Das andere, die Technik, das kann man getrost
ignorieren, auch wenn durchaus interessant ist.“
ME/SOUNDS: Interessant ist es wohl auch für den Musikliebhaber, dem das Ganze so scheinbar transparent in den Ohren klingt. Deshalb die Frage: Arbeitest du auch so? Legst du auch verschiedene Snare-Drum-Sounds übereinander? Hängst du verschiedene Keyboards hintereinander?
WINWOOD: „Ja.“
ME/SOUNDS: Quälst du dich manchmal eine Woche mit dem Sound einer Snare- oder Bass-Drum ?
WINWOOD: „Nicht unbedingt eine ganze Woche. Manchmal dauert die Sache nicht allzu lange. Und da du gleichzeitig weißt, daß du es ändern kannst, wenn es dir am Schluß nicht gefällt, mußt du dich nicht ewig damit aufhalten.“
ME/SOUNDS: Vielleicht nur ein Klischee aber nach allem, was man über Phil Collins weiß, ist er ein „Workaholic“, ein Mann, der ständig arbeiten muß, um zufrieden zu sein. Plagt dich auch so ein Verhältnis zur Arbeit ?
WINWOOD: „Nein, ganz bestimmt nicht. Ich habe mal versucht, an mehreren Projekten gleichzeitig zu arbeiten — und prompt festgestellt, daß ich so was nicht kann. Ich liebe Musik. Und ich liebe es zu arbeiten. Aber ein workaholic bin ich wirklich nicht.“
ME/SOUNDS: Ist es denn wichtig für dich, Dinge auszuschließen ? Oder kannst du einmal angefangene Songs einfach liegen lassen ?
WINWOOD: „Ich muß weitermachen, wenn ich einmal dransitze. Außer ich will ganz bewußt eine Pause einlegen, damit ich Abstand gewinne, um frisch wieder herangehen zu können.“
ME/SOUNDS: Es gab viele Musiker aus deinen früheren Tagen, die bei „Live Aid“ von Bob Geldof mitgemacht haben. Steve Winwood war nicht dabei. Gab es dafür einen Grund?
WINWOOD: „Ich war einfach zu diesem Zeitpunkt stark mit meinem Album beschäftigt. Und ich hatte keine Band. Es hätte mich eine Menge Zeit gekostet, sie zusammenzustellen. Es gab einen Augenblick, da hatte ich das starke Bedürfnis, etwas beizutragen. Ich habe mit meinem Manager gesprochen. Er sagte: ,Sei ehrlich. Willst du wirklich dabei sein? Ich kann das arrangieren.‘ Natürlich hatte man das gekonnt. Ich war zu Beginn der Aktion nicht dabei und wurde auch anschließend nicht gefragt. Und dann wäre es sicher falsch gewesen, unbedingt mitmachen zu wollen, und zwar nur deshalb, weil jeder dabei war. Natürlich ist eine Wohltätigkeitsveranstaltung gut. So was ist nur zu sehr in Mode gekommen.“
ME/SOUNDS: Mal abgesehen von dem Wohltätigkeitsgedanken — „Live Aid“ war ein riesiges Konzert…
WINWOOD: „… und ein Medienereignis. Und ich denke, daß gerade dies nicht der Grund sein sollte, bei so etwas mitzumachen.“
ME/SOUNDS: Natürlich nicht. Aber abgesehen davon passierte hierbei noch etwas anderes: Leute wie Phil Collins, Sting oder Howard Jones traten zum Teil solo auf. Das war sehr beeindruckend. Bei einer normalen Tournee passiert so was leider nicht. Da wird immer eine komplette Band auf die Beine gestellt, weil man befürchtet, sonst die Hallen nicht füllen zu können. Und das ist der Grund, weshalb ich Steve Winwood vermißt habe.
WINWOOD: „Alleine spielen, okay. Das mache ich jetzt verstärkt -— zum Beispiel in einer Fernsehshow.“
ME/SOUNDS: Gerade du kannst es ja. Du bist der Gitarrist, der Keyboarder, der Sänger…
WINWOOD: Ja. Und deshalb mache ich es jetzt auch häufiger. Ich habe in Amerika schon damit angefangen. Dort werden Musiker wie ich aber auch ganz anders eingeschätzt als in England. In England gilt ein Rock-Musiker eher als Freak. Sie nennen ihn auch gar nicht Rock-Musiker. Sie nennen ihn Pop-Musiker. In Amerika nennen sie dich nicht Pop-Musiker, weil sie darunter etwas anderes verstehen und weil sie von dieser Sorte schon genug haben. In Amerika habe ich einfach in Clubs gespielt oder auch nur mit anderen Musikern gejammt.“
ME/SOUNDS: Kaufst du eigentlich Schallplatten? Und wenn ja, welche Art von Musik ist da drauf?
WINWOOD: „Ich höre Radio, ich höre Schallplatten. Doch in einen Plattenladen gehe ich nur selten. Das letzte, was ich gekauft habe, war THE BEST OF THE BAND.“
ME/SOUNDS: Ich habe das gefragt, weil es recht aufschlußreich ist, in einen Plattenladen zu gehen. Weil man hinterher ein bißchen darüber reflektieren kann, warum man nun ausgerechnet was gekauft hat.
WINWOOD: „Ich weiß nicht, ob das wirklich hilfreich ist. Wenn ich eine Platte kaufe, kann ich doch hinterher schlicht und einfach von diesem Album enttäuscht sein. Und das wiederum kann ebenso gut mein Fehler sein. Vielleicht bin ich auf eine Werbekampagne hereingefallen. Es ist mein Fehler, wenn ich etwas kaufe, was mir nicht gefällt.
Wenn ich mich für meine Arbeit durch einen Gang in den Plattenladen inspirieren lassen wollte, dann müßte ich konsequenterweise nur meine eigenen Platten kaufen. Das ist verrückt. Was ganz anderes ist es mit den Plattenfirmen: Denen könnte es vielleicht hilfreich sein, in die Läden zu gehen.“
ME/SOUNDS: Was machst du eigentlich mit dem Geld, das du verdienst?
WINWOOD: „Ich gebe viel für Instrumente und die Ausstattung des Studios aus. Da fließt praktisch mein ganzes Geld hinein.“
ME/SOUNDS: Noch hast du kein Bankkonto in der Schweiz?
WINWOOD: „Nein. Ich habe kein Bankkonto in der Schweiz.“
ME/SOUNDS: Willst du keines haben ?
WINWOOD: „Doch. Warum nicht?“
ME/SOUNDS: Du hast über New York, Los Angeles und Amerika im allgemeinen gesprochen. Hast du die Absicht, England zu verlassen ?
WINWOOD: Ja, im nächsten Jahr, aber nur für eine große Tournee. Viereinhalb Monate lang. Erst Amerika, dann Europa, Japan, Australien.“
ME/SOUNDS: Danach kehrst du auf deine Farm in Gloucester zurück, um dich zu erholen ?
WINWOOD: „Vermutlich. Und dann werde ich halt an einem weiteren Album arbeiten.“
ME/SOUNDS: Wenn man das mit dem Programm der letzten vier Jahre vergleicht, schlägst du ein beachtliches Tempo an. Hast du es eilig?
WINWOOD: „Nein. Ich habe es nicht eilig. Es geht nur darum, das nächste Jahr zu planen. Das machen andere Leute genau so. Und wenn ich an dem nächsten Album sitze — mag sein, daß es dann zwei Jahre dauern wird, bis es fertig ist.“