Spirit – The Family That Plays Together, Clear Spirit.Twelve Dreams Of Dr. Sardonicus


Erst vor wenigen Monaten zeigte Epic/Legacy mit den Byrds-Alben, wie man Archive vorbildlich auswertet. In gleicher Ausstattung – digital runderneuert, im Original-Artwork mit seltenen Fotos plus zahlreichen, zum Teil unveröffentlichten Bonustracks – sind nun auch die ersten vier Alben der ewig unterbewerteten Spirit erhältlich. Die Vielfalt der Spieltechnik, des Repertoires und diverse Soundgimmicks plazierten das von Lou Adler produzierte Debüt SPIRIT (EK 64965) 1968 unter die „Alben des Jahres“. Der stilistische Schmelztiegel war verpackt in ein Patchwork-Cover, das aus je einem Fünftel Gesicht der Bandmitglieder zusammengesetzt war. Der strikt demokratische Grundgedanke kennzeichnet auch die zwölf Tracks, die die musikalischen Wurzeln von Gitarrist/Sänger Randy California (unterhielt zuvor kurzzeitig eine Band mit Jimi Hendrix!), seinem drummenden Stiefvater Ed „Cass“ Cassidy Qazz-, big band- und opernerfahren, glatzköpfig und schon Mitte 50!), dem singenden Gitarristen Jay Ferguson aus L.A.’s Folkszene, Bassist Mark Andes (kam vom Country-Blues) sowie Keyboarder John Locke (ehemaliger )azzpianist) packend fusionierte. Wohlgemerkt, alle fünf komponierten – gemeinsam oder auch im Alleingang. Die Spirit-Komplexität, von Anfang an auf Albenlänge konzipiert, warf mit dem latinoswingenden ‚Fresh Garbage‘ auch eine mehr als passable Single ab, der weitere folgen sollten. Noch wesentlich kompaktere, medleyartig ineinander abgemischte Songs und eine noch ausgefeiltere Studiotechnik bot THE FAMILY THAT PLAYS TO-GETHER (EK 65001). Nur knapp verpaßte das in grobkörniger Schwarzweiß-Hülle 1969 erschienene, sowohl inhaltlich wie musikalisch multistilistische Follow-Up (‚It’s All The Same‘, ‚Jewish‘, ‚Dream Within A Dream 1 ) die Top-20-Album-Charts. Mit ‚I Got A Line On You‘ enthielt es abermals eine glänzende Auskopplung. Etwas schwieriger gestalteten sich die Aufnahmen zu CLEAR SPI-RIT (65002). Innerhalb der Band war es zu Spannungen über die zukünftige Ausrichtung gekommen. Dennoch blieb der kreative Output auf dem auch optisch sinisteren Werk konstant interessant: Mit dem auch als Single erschienenen ‚Dark Eyed Woman‘ erforschte man düsteres Hardrock-Terrain. „So Little Time To Fly‘ oszillierte zwischen Blues und Gospel, bei ‚Caught‘ wiederum kam Lockes versponnene Jazzvergangenheit zum Vorschein. Die der Neuauflage hinzugefügte 45er ‚1984“, seinerzeit in Europa ganz wacker im Chartsmittelfeld, experimentierte mit den exakt von Orwell übernommenen Inhalten auf nahezu rein elektronischer Basis – wegen der politischen Brisanz handelte sich die Band damit einen nationalen Radioboykott in den USA ein. Der Rest erging sich allerdings elegisch in großorchestrierter Schwarzmalerei. Zum genauen Gegenteil hingegen geriet 1970 das psychedelische Konzeptmeisterwerk TWELVE DREAMS OF DR. SARDONICUS (65003), das California und Co. auf dem von Salvador Dali inspirierten Cover in Phantasiekostümen als zerfließende Fabelwesen zeigte. Spirit präsentieren sich auf dem kreativen Zenit, zum letzten Mal im Original Line-Up und konnten erstmals eine Goldene in Empfang nehmen. Griffigkompakte Songs wie ‚Nature’s Way‘, ‚Animal Zoo‘ und ‚Morning Will Come‘ unterstrichen den Kultstatus, machten aber auch überdeutlich, daß die Band eigentlich Kontakt zum breiten Publikum suchte.